Haupthaarstudie und andere Arztgeschichten aus der Vor-Seehofer-Zeit

„Haupthaarstudie“ - So hieß tatsächlich ein Projekt in einem Institut der Medizinischen Akademie Erfurt, und die Vor-Wende-Zeit, in welcher die hier vorgelegten „Arztgeschichten“ handeln, wird frech und frei nach einem bis heute namhaften bayrischen Politiker benannt. Vor allem aber geht es in dieser Texte-Sammlung um einen „Ausflug zum Rio Cuanza“, also nach Angola, Mitte der 80er Jahre - ein Studienaufenthalt, der Einblicke in den wohl nach wie vor „dunklen“ Kontinent gewährt. In Rückblenden schildert der Autor außerdem seine Arbeit als Arzt in den befreiten Gebieten von Guinea-Bissau. Im Dschungel,... alles anzeigen expand_more

„Haupthaarstudie“ - So hieß tatsächlich ein Projekt in einem Institut der Medizinischen Akademie Erfurt, und die Vor-Wende-Zeit, in welcher die hier vorgelegten „Arztgeschichten“ handeln, wird frech und frei nach einem bis heute namhaften bayrischen Politiker benannt.

Vor allem aber geht es in dieser Texte-Sammlung um einen „Ausflug zum Rio Cuanza“, also nach Angola, Mitte der 80er Jahre - ein Studienaufenthalt, der Einblicke in den wohl nach wie vor „dunklen“ Kontinent gewährt.

In Rückblenden schildert der Autor außerdem seine Arbeit als Arzt in den befreiten Gebieten von Guinea-Bissau. Im Dschungel, immer auf der Hut vor portugiesischen Bombenangriffen, mit wenig Medikamenten, primitiv ausgerüstet, gibt er den Menschen Hoffnung. Die rechtzeitige Impfung gegen die aus biologischem Kampfstoff eingeschmuggelte Cholera unter diesen schwierigen Bedingungen verhindert eine Epidemie.



Teil I: CHOLERA

Teil II: AUSFLUG ZUM RIO CUANZA oder BERUFSANAMNESE

Bericht und Bilanz

UNTERM EMBONDEIRO

N’FALO SÓ POUCO CRIOULO

IN KILOMBO UND KAMUNDAY

MÄRCHENERZÄHLER

LEPRASTATION CAXISSA

ZWECKS IDENTIFIZIERUNG

BEFRAGUNG ZUR MITTAGSZEIT

LEKTION AM STRAND

WISSENSCHAFTLER, AUTOR, OFFIZIER

AUSFLUG IN DIE VERGANGENHEIT

ENERGIE

HAUPTHAARSTUDIE

ABSCHIEDSVISITE

NOTIZEN ZUM TOD



Reichlich zwei Wochen später, am Nachmittag des 24. September 1973, wurde die Republik Guinea-Bissau proklamiert. - Nicht im Süden des Landes, sondern im Osten, im Wald von Madina Bóe, doch nahmen an der Gründungsversammlung auch Delegierte aus befreiten Gebieten des Südens teil.

Während der Nächte vorher hatten sie die Grenze zur Republik Guinea passiert und waren gegen Cholera geimpft worden. Den meisten widerfuhr eine solche Prozedur zum ersten Mal, und entsprechend argwöhnisch verfolgten sie, wie ein hellhäutiger, bärtiger Medico oder sein einheimischer Kamerad mit einer beißenden Flüssigkeit ein Stück Haut bestrichen und eine Nadel einstachen.

Geimpft hatten Carlos und Humberto zu dieser Zeit bereits alle, die im Grenzgebiet erreichbar gewesen waren, der Arzt allein außerdem die Leute aus jenem Dorf am Weg nach Boké, und gemeinsam mit Humberto hatte Carlos in einer der Hütten des Hospitals insgesamt acht Cholerakranke behandelt, fünf mit Erfolg.

Die Epidemie schien gestoppt, eingedämmt.

Wie aus Boké zu hören gewesen war, hatte die dorthin verlegte Patientin überlebt. Das Kind hingegen, der Junge mit der Bauchwunde, war trotz Operation gestorben.

Der Bombenterror hielt an.

Carlos hatte sich inzwischen darauf eingestellt. Nachts ging er, gemeinsam oder im Wechsel mit Humberto, seiner Arbeit nach, machte, begleitet von Geleitposten, Hausbesuche, versorgte Patienten, die ins Hospital gekommen oder gebracht worden waren, kümmerte sich um die Cholerakranken, und tagsüber döste er, falls Zeit blieb, sprungbereit neben einem Splittergraben.

Er hatte sich umgestellt, ohne sich abfinden zu können.

Manchmal schreckte er aus dem Halbschlaf, Schweiß auf der Stirn.

Es war immer der gleiche Albtraum:

Ein Abend, wie es wohl bloß in den Tropen Abende gibt: am Himmel, wo die Sonne versinkt, wo über dem in der Hitze erschlafften Busch ein paar Wolken schweben - alle nur denkbaren Farben. Dazu die Stille ringsum, die Reglosigkeit, vom Brummen des Motors, einem einschläfernden, kaum mehr wahrgenommenen Geräusch, noch unterstrichen ...

Hat Carlos gedöst, Lebre seinem Groll nachgehangen, Fina geträumt?

Als der Schofför auf die Bremse tritt, schreit und rausspringt, ist die Düsenmaschine, aufgetaucht aus einem gleißenden Sonnenfleck, schon vor ihnen, tief über der Wegschneise. Carlos stößt die Tür auf, hechtet hinaus, und auch Fina kommt aus dem Jeep, der weiterrollt.

Weshalb kehrt sie jetzt um? Will sie den Impfstoff holen? Eine der Kisten?

Carlos brüllt - oder meint zu brüllen. Er hört Krachen und Dröhnen, das ihn überrollt, ihn vertäubt, sieht aufspritzendes Erdreich und einen einzelnen abgerissenen Arm, spürt Geprassel auf Kopf und Rücken ...

Lebre war unverletzt, der Jeep noch benutzbar, und die Wunde, die Carlos davongetragen hatte, verheilte rasch; die Narbe schmerzt nicht einmal mehr an einem Wintertag wie diesem, wenn der Schnee, der endlich gefallen ist, unter einem Witterungsumschwung zu Matsch wird.

Dr. B. wendet sich ab vom Fenster, an dem er gestanden hat. Er untersucht die Patientin, jene Afrikanerin mit den Symptomen einer Erkältung, drückt ihr das Stethoskop auf den Rücken, lässt sie tief ein- und ausatmen, und erst, als er die Manschette für den Blutdruckmeßapparat anlegen will, durchfährt es ihn wie ein Stich.

Jener abgerissene Arm war alles, was sich von Fina gefunden hatte.



Geb. 1939 in Neustadt am Rennsteig. Oberschulbesuch in IImenau; Medizinstudium in Leipzig und Erfurt. 1965/66 Schiffsarzt; Ausbildung zum Hautarzt und Spezialisierung für Betriebsmedizin;

1973 als Arzt in Guinea-Bissau. Wohnt in Erfurt und arbeitet bis zur Stunde in seinem Beruf.

Wissenschaftliche Publikationen und seit 1971 an die 60 Buchtitel in hoher Gesamtauflage.

Einige Preise literarischer Art. Einspänner seit dem Austritt aus diversen Vereinen.

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