Die nächste Revolution

Libertärer Kommunalismus und die Zukunft der Linken

Mehr als 40 Jahre lang entwickelte Murray Bookchin seine Ideen über Kommunalismus, libertäre Ökologie und direkte Demokratie und brachte sie in die Politik der Neuen Linken ein. Seine Schriften beeinflussten zahlreiche politische Denker*innen und Soziale Bewegungen – von der radikalen Ökologiebewegung bis zur Antiglobalisierungsbewegung. Nicht zuletzt die kurdische Befreiungsbewegung in der Türkei und in Syrien bezieht sich aktuell auf die Weiterentwicklung von Bookchins Idee eines Libertären Kommunalismus hin zu einer Praxis des Demokratischen Konföderalismus. Durch ein Vorwort der Bestsellerautorin Ursula K. Le Guin eingeleitet, versammelt... alles anzeigen expand_more

Mehr als 40 Jahre lang entwickelte Murray Bookchin seine Ideen über Kommunalismus, libertäre Ökologie und direkte Demokratie und brachte sie in die Politik der Neuen Linken ein. Seine Schriften beeinflussten zahlreiche politische Denker*innen und Soziale Bewegungen – von der radikalen Ökologiebewegung bis zur Antiglobalisierungsbewegung. Nicht zuletzt die kurdische Befreiungsbewegung in der Türkei und in Syrien bezieht sich aktuell auf die Weiterentwicklung von Bookchins Idee eines Libertären Kommunalismus hin zu einer Praxis des Demokratischen Konföderalismus. Durch ein Vorwort der Bestsellerautorin Ursula K. Le Guin eingeleitet, versammelt ›Die nächste Revolution‹ erstmals Bookchins Essays über Freiheit und direkte Demokratie, um eine politische Vision zu entwickeln, die vom Protest zur praktischen Transformation des Kapitalismus führen kann. »Über die Jahre hat Murray Bookchin seine eindrucksvollen Fähigkeiten und sein Engagement in vielen Bereichen unter Beweis gestellt: sei es Geschichte, Technologie, gesellschaftliche Organisation, die Suche nach Freiheit und Gerechtigkeit und vieles andere mehr. Immer hat er Einsichten, Erkenntnisse, originelle und provokante Thesen sowie anregende Visionen beigetragen. Diese neue Textsammlung über radikale Demokratie ist Zeugnis seiner Lebensleistung.« – Noam Chomsky



Murray Bookchin (1921‑2006) war ein US‑amerikanischer libertärer Sozialist und Vorreiter kommunalistischen Denkens, der diesseits des Atlantiks wenig bekannt war und noch weniger rezipiert wurde – zu Unrecht, wie ein Blick in seine mit diesem Band vorgelegten Essays belegt. Denn Bookchin, dessen Werk dem anarchistischen Denken zugerechnet wird, entwickelt darin die Vorstellung einer praktisch möglichen und in diesem Sinne politisch herausfordernden Transformation des Gegenwartskapitalismus. Seine Überlegungen sind getragen von der Sorge um die Fortexistenz der Menschheit insgesamt: „Solange diese irrationale Gesellschaft uns mit atomaren und biologischen Waffen in Gefahr bringt, können wir nicht außer Acht lassen, dass das gesamte menschliche Projekt ein verheerendes Ende nehmen könnte.“ (21) Was bei ihm unter dem Stichwort ‚libertärer Kommunalismus’ firmiert, orientiert sich an der Vorstellung der griechischen Polis und zielt auf eine Gesellschaft, die aus einer freien Föderation kleiner Städte besteht. Darin anderen zeitgenössischen Entwürfen wie dem Konvivialismus nicht unähnlich, sieht Bookchin in lokal wie personal begrenzten Zusammenschlüssen das größte politische wie ökonomische Potenzial zur nachhaltigen Organisation eines weitestgehend selbstbestimmten menschlichen Zusammenlebens. Ein in diesem Sinne radikaler Munizipalismus will „nicht nur das politische Gesellschaftsleben, sondern auch das wirtschaftliche verändern. [...] Er will die Produktionsmittel in das eigentliche Gemeindeleben so eingliedern, dass bei jedem produktiven Unternehmen die örtliche Gemeindeversammlung entscheidet, wie es geführt werden soll, damit die Interessen der ganzen Gesellschaft erfüllt werden.“ (39) Dieses erkennbar gegen den Primat eines ubiquitären Individualismus, gegen seine Hierarchien und kapitalistischen Perpetuierungen gerichtete Projekt ist äußerst voraussetzungsvoll. Es rekurriert auf die – in Teilen idealisierte und verkürzt wiedergegebene – athenische Demokratie und die darin verwurzelte Vorstellung einer politischen Mitverantwortung der mündigen Bürger für ihre Stadt. In dem Maße, wie der Kommunalismus etwa auch Mehrheitsentscheidungen zur Implementierung politischer Vorhaben zulasse, unterscheide er sich, so Bookchins vehementer Hinweis, signifikant vom Anarchismus oder Kommunismus. Mit Letzterem indes teilt er die Idee politischer Anleitung, um hinsichtlich der Realisierung seiner Ziele voranzukommen: Es gelte, eine „neue, revolutionäre Organisation auf[zu]bauen“ (46), um die große Mehrheit zum Elysium zu führen. – Derlei Projekte und Revolutionen gab es schon zuhauf, ihr Ausgang war allerdings alles andere als hoffnungsvoll.

Matthias Lemke, Dr. phil. habil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.



»Bookchins soziale Veränderungstheorie setzte auf die allmähliche Ablösung kapitalistischer Herrschaft durch eine Parallelgesellschaft selbstverwalteter Kommunen und dezentraler Föderationen. Der Klassenkampf rückte im Denken des ehemaligen Kommunisten im Laufe der Zeit immer mehr in den Hintergrund. Dennoch sind die im vorliegenden Band versammelten Aufsätze, die zwischen 1991 und 2002 in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurden, überaus lesenswert.«



Das Leben von Murray Bookchin, einem der prägenden Autoren zur Theorie und Praxis des Kommunalismus und Konföderalismus, endete im Jahr 2006. Dennoch entbehren die nun zum Teil zuvor unveröffentlichten oder schwer zugänglichen Texte im Band The Next Revolution in keiner Weise der Aktualität. Bookchin hätte sich, trotz seiner Überzeugung, dass Kommunalismus ein entscheidendes Modell für die Zukunft des Zusammenlebens auf diesem Planeten darstelle, wohl nicht träumen lassen, dass die Konzepte, an deren Entwicklung er entscheidend mitwirkte, mit der Revolution in Rojava, im Mittleren Osten, in Nordsyrien so schnell, im großen Stil praktisch umgesetzt werden würden.



Bookchin ist einer der Autoren, die das Werk des inhaftierten Vorsitzenden der Arbeiterpartei Kurdistans PKK, Abdullah Öcalan, entscheidend und damit den Paradigmenwechsel innerhalb der PKK, weg von einem marxistisch-leninistisch orientierten nationalen Befreiungskampf hin zum libertären Modell des demokratischen Konföderalismus, beeinflussten. Dieses Modell, das Bookchin zunächst im industriellen Kontext der USA entworfen hatte, prägt nun die kurdische Realität und damit den gesamten Mittleren Osten entscheidend mit und ist für viele Menschen weltweit zur hoffnungsvollen Alternative gegenüber der kapitalistischen Moderne, individualistischem Anarchismus und staatsfixiertem Marxismus-Leninismus geworden. Bookchin übt solidarische und entschlossene Kritik an der Geschichte der Linken, die seine eigene Biographie vom trotzkistischen Marxisten über den Anarchismus hin zum libertären Kommunalismus deutlich widerspiegelt. In den im Buch wiedergegebenen Essays zeigt sich seine Fähigkeit, aus der Kritik der Geschichte der Selbstbestimmung und Selbstverwaltung, ob im klassischen Athen, der Pariser Commune, im revolutionären Barcelona oder in den Projekten der kommunalistischen Selbstverwaltung in den USA, nachvollziehbare Lehren zu ziehen und Wege zum Aufbau einer radikal anderen, ökologischen, demokratischen und solidarischen Gesellschaft im Hier und Jetzt zu beginnen. Dies ist sicherlich auch einer der Punkte, welche Bookchin und Öcalan vereinen – beide stehen an ganz unterschiedlichen Punkten, blicken jedoch auf die Weltgeschichte, die Geschichte der kapitalistischen und der demokratischen Moderne und entwickeln mit der Methode der Kritik und Selbstkritik, so schmerzlich sie auch sein mag, neue Paradigmen und Praktiken. So fand sowohl in der Biografie von Öcalan als auch in der von Bookchin eine Abkehr von den Modellen des historischen Materialismus statt, welche eine bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft zur Voraussetzung, zu einer befreiten Gesellschaft, einer kommunistischen Gesellschaft zu kommen, macht. Bookchin argumentiert, dass alleine die ökologische Katastrophe, welche dies hervorrufen würde, die Existenz der Menschheit vor einem postulierten Wandel beenden würde, und betont ebenfalls den Eurozentrismus dieser Perspektive. Ökologische Widersprüche werden als einer der entscheidenden Faktoren zur Begrenzung des kapitalistischen Systems gesehen, Organisierung muss in diesem Sinne auch jenseits von Klassenkategorien stattfinden. Stattdessen wird bei Bookchin auf das Empowerment des Individuums hin zum zoon politicon – zum politischen Wesen – Wert gelegt, das sich selbst in den Räten und in der Selbstverwaltung repräsentiert. An die Stelle einer zentralistischen Organisierung und der Diktatur des Proletariats tritt die Konföderation der Räte. Wie es in Rojava ebenfalls gerade umgesetzt wird, wird auch im kommunalistischen Projekt Bookchins die Ökonomie nicht verstaatlicht, sondern kommunalisiert – das heißt, Ökonomie wird Teil der Sphäre der politischen Entscheidungen.



Ein entscheidender Punkt, der Bookchins Modell ebenfalls effizient macht, ist die Notwendigkeit von »Führung« entlang politisch-ethischer Kriterien. Führung verschwindet nicht, indem sie negiert wird, sie wird kontrollierbar dadurch, dass man sie benennt. Informelle Strukturen sind schwerer zu hinterfragen als formelle. Bookchin schlägt vor, einen libertären Ansatz zum Begriff der Führung mit entsprechenden Kontrollmechanismen zu entwickeln, um diese zu definieren, einzugrenzen, aber auch die Stärken und Erfahrungen von Individuen zu nutzen. Verbindlichkeit und Verantwortung stellen auf jeder Ebene der Organisierung zentrale Werte dar.



Das Zusammenspiel der Ideen von Bookchin und Öcalan können wir gerade in Rojava, aber auch in den anderen Teilen Kurdistans beobachten und weltweit finden Diskussionen um die Frage statt, ob demokratischer Konföderalismus auch eine Alternative für die kapitalistischen Metropolen sein kann, oder ob es eine Bewegung ist, die im antikolonialen Kontext wirkmächtig ist, in Industrienationen jedoch nicht.



Gerade hier liegen ganz entscheidende Stärken Bookchins, der mit seinem Modell einerseits von der Geschichte, aber andererseits auch von der Realität in westlichen Industrieländern ausgeht und den regionalen Aufbau von Strukturen jenseits des Staates auf kommunaler Ebene in radikaler Form entwickelt. Vor dem Hintergrund der Erpressung und Zerstörung Griechenlands durch EU und IWF, allen voran durch die Bundesregierung Deutschlands, wird deutlich, wie notwendig der Aufbau eigener organisierter und konföderierter Parallelstrukturen ist, welche der kapitalistischen Moderne entgegenstehen und nicht, wie abhängige Nationalstaaten und ihre wechselnden Regierungen, zu erpressen sind. Im Rahmen sich immer weiter zuspitzender Verhältnisse ist die Lektüre von Bookchin mehr als aktuell und angebracht. Das Buch, welches im Unrast-Verlag im September 2015 auf Deutsch erscheinen wird, stellt eine konzentrierte Zusammenstellung von Aufsätzen Bookchins dar, welche die Definition und das Funktionieren eines libertär-kommunalistischen Modells darstellen und insbesondere durch ihre Zusammenstellung den Wert eines Manifests besitzen. Weiterhin stellt das Buch eine wichtige Hilfe dar, um die aktuelle in den verschiedenen Teilen Kurdistans im Aufbau befindliche Alternative und ihre Prozesse zu verstehen.



»Die Texte zur Geschichte der Linken und der linksradikalen Bewegungen sind von Theorie- und Detailwissen gesättigt und zugleich gut zu lesen. Besonders hervorzuheben sind die vielen unaufgeregten Schilderungen von historischen Ereignissen und Debatten.«



»In den neun Essays entfaltet Bookchin im Hinblick auf die aktuell gegebenen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Krisen seine Argumentation als eine Notwendigkeit gesellschaftlicher Erneuerung. […] Diese tief in der Aufklärung verankerte Überzeugung, dass es möglich sei, die Potentiale aller Menschen und deren Freiheit in Institutionen zu gießen, umfasst für ihn nicht bloß die politische Idee, sondern bringt auch die Mittel und Zwecke der Umsetzung dieser mit sich. Es ist die Hoffnung, dass die Spannungen eines auf die Ökonomie ausgerichteten Marxismus und eines auf die Individuen fokussierten Anarchismus, in den konföderierten Volksversammlungen aufgelöst werden können. Thesen und Ziele von Bookchins Projekt erhalten in den Essays eine klare Form und sind in Ausrichtung und Impetus schlüssig und nachvollziehbar.«



Vorwort – Ursula K. Le Guin



Einleitung – Debbie Bookchin und Blair Taylor



Das kommunalistische Projekt (November 2002)



Die Umweltkrise und die Notwendigkeit gesellschaftlicher Erneuerung (Januar 1992)



Eine Politik des 21. Jahrhunderts (August 1998)



Die Bedeutung des Konföderalismus (November 1990)

Dezentralisierung und Selbstversorgung

Probleme der Dezentralisierung

Konföderalismus und gegenseitige Abhängigkeit

Die Konföderation als duale Gegenmacht



Libertärer Munizipalismus: Eine Politik der direkten Demokratie (Oktober 1991)



Städte: Die Entfaltung der Vernunft in der Geschichte (September 1995)



Nationalismus und die ›nationale Frage‹ (März 1993)

Ein Überblick über die Geschichte

Nationalismus und Linke

Zwei Grundgedanken über die nationale Frage

Nationalismus und Zweiter Weltkrieg

Der Kampf um ›nationale Befreiung‹

Ein neuer Internationalismus

Die Suche nach einer Alternative



Anarchismus und Macht während der Spanischen Revolution (November 2002)



Die Zukunft der Linken (Dezember 2002)



DIE SUCHE NACH EINER ALTERNATIVE



Wenn der Nationalismus reaktionär ist, welche rationale und humanistische Alternative kann ein moralischer Sozialismus ihm entgegensetzen? Für Nationalstaaten – in Gestalt von Nationen oder Staaten – ist kein Platz in einer freien Gesellschaft. Wie stark das Verlangen mancher nach einer gemeinsamen Gruppenzugehörigkeit auch sein mag , Vernunft und die Einhaltung moralischer Verhaltensweisen verpflichten uns, das Universalitätsprinzip der Stadt oder Gemeinde und die politische Kultur einer direkten Demokratie wiederzugewinnen, wenn auch auf höherer Stufe als bei der polis im Athen des Perikles. Gruppenzugehörigkeiten sollten am besten durch Gemeinschaften ersetzt werden – durch eine gemeinsam geteilte, an humanen Maßstäben ausgerichtete nichthierarchische und libertäre Zugehörigkeit, die allen offensteht, ohne Rücksicht auf Geschlechter, ethnische Merkmale, sexuelle Vorlieben, Fähigkeiten oder persönliche Neigungen. Ein solches Gemeinschaftsleben lässt sich einzig durch eine neue Politik des libertären Munizipalismus wiedererlangen: durch die Demokratisierung der Gemeinden, sodass diese von den Bewohner_innen selbst verwaltet werden können, und durch die Schaffung einer Konföderation dieser Gemeinden, um eine duale Gegenmacht zum Nationalstaat aufzubauen.



Die Gefahr, dass demokratisierte Gemeinden in einer dezentralisierten Gesellschaft zu wirtschaftlichem und kulturellem Provinzdenken führen könnten, ist sehr real und kann nur durch eine lebendige Konföderation der Gemeinden auf der Grundlage materieller Gegenseitigkeit verhindert werden. Die ›Selbstversorgung‹ der Gemeinschaft würde, selbst wenn sie heute möglich wäre, keineswegs eine echte Basisdemokratie sicherstellen. Eine Konföderation von Gemeinden bietet als Vermittlerin des Zusammenwirkens, der Kooperation und der gegenseitigen Unterstützung der jeweiligen Gemeinden die einzige Alternative einerseits zum mächtigen Nationalstaat und andererseits zum Provinzdenken der Dörfer und Städte.



Diese vollständig demokratische Konföderation, in der die Abgeordneten der einzelnen Gemeinden in den konföderalen Institutionen absetzbar und austauschbar wären und einer ständigen öffentlichen Kontrolle unterlägen, wäre eine Erweiterung lokaler Freiheiten auf die regionale Ebene und brächte ein sensibles Gleichgewicht zwischen Ortschaften und Regionen zustande, bei dem die kulturelle Vielfalt der Städte erblühen könnte, ohne dass sich die Städte nach innen gerichtet der lokalen Exklusivität zuwenden.



Sicher würden dann auch produktive kulturelle Aspekte innerhalb und zwischen den verschiedenen Konföderationen geteilt werden, Hand in Hand mit dem gegenseitigen Austausch von Waren und Dienstleistungen, die die materielle Lebensgrundlage bilden. In derselben Weise würde ›Eigentum‹ vergemeindet werden, weder verstaatlicht (was nur eine Verstärkung der Staatsmacht durch wirtschaftliche Macht bedeutete), noch kollektiviert (was nur private Unternehmerrechte in eine ›kollektive‹ Form verwandelte) oder privatisiert (was den Wiederaufschwung einer auf Konkurrenz basierenden Marktwirtschaft begünstigte). Eine vergemeindete Wirtschaft käme einem System von Genossenschaftsrechten nahe, das einzig auf den Bedürfnissen und der Bürgerschaft der Menschen in einer Gemeinde basiert, und nicht auf deren Besitz- und Berufsinteressen. Wo eine Bürgerversammlung der Gemeinden die Wirtschaftspolitik bestimmt, kontrolliert – geschweige denn besitzt – keine Einzelperson die Produktionsmittel und die Lebensbedürfnisse.



Wo konföderale Mittel zur Verwaltung der Ressourcen einer Region das ökonomische Verhalten als Ganzes koordinieren, weichen Einzelinteressen oft größeren menschlichen Interessen und wirtschaftliche Anliegen häufig demokratischen Interessen. Die Probleme, welche die Gemeinden und deren Konföderationen lösen, würden sich dann nicht mehr um wirtschaftliche Eigeninteressen drehen, sondern ihr Fokus läge auf demokratischen Verfahrensweisen und schlicht auf einer egalitären Erfüllung menschlicher Bedürfnisse.



Es sollte kein Zweifel bestehen, dass die technologischen Mittel, die den Menschen die Wahl ihrer Lebensweise ermöglichen und ihnen die freie Zeit verschaffen, in der sie sich an einer demokratischen Politik in vollem Umfang beteiligen können, höchst notwendig sind für die libertäre, konföderal organisierte Gesellschaft, die ich hier kurz beschrieben habe. Selbst die besten moralischen Absichten führen wahrscheinlich zu irgendeiner Form der Oligarchie, wo der unterschiedliche Zugang zu den Lebensgrundlagen eine Elite hervorbringt, die mehr von den wertvollen Dingen des Lebens at als die anderen Bürger_innen. Deshalb ist die Enthaltsamkeit, die einige Linke fordern, in heimtückischer Weise reaktionär, denn sie ignoriert nicht nur die Freiheit der Menschen, ihre eigene Lebensweise wählen zu können – die einzige Alternative zur bestehenden Gesellschaft, in der die Menschen zu stumpfsinnigen Konsument_innen werden –, sondern unterstellen zudem die Freiheit an sich einem fast mystischen Verständnis.



Murray Bookchin (1921–2006), Sohn jüdischer Migrant*nnen, war ein US-amerikanischer libertärer Sozialist und einer der ersten, der anarchistische Theorie mit ökologischem Denken verband. Er war Direktor und Mitbegründer des ›Institute for Social Ecology‹ (ISE) sowie Professor am Ramapo College von New Jersey.



Debbie Bookchin ist eine mehrfach ausgezeichnete Journalistin, deren Artikel in ›The Atlantic‹, ›The Nation‹, ›The New York Times‹, ›HarperCollins Best Science Writing‹ und vielen weiteren Publikationen veröffentlicht wurden. Ihre Recherchen zu verunreinigten Polio-Impfstoffen und die enge Verbindung zwischen der FDA (oberste amerikanische Gesundheitsbehörde) und der Pharmaindustrie hat sie in dem vielbeachteten Buch ›The Virus and The Vaccine‹ (New York: St. Martin's Press, 2004) zusammengefasst.



Blair Taylor ist Doktorand an der ›New School for Social Research, New York‹ und als solcher Gaststipendiat bei der ›Einstein Crisis Research Group, Berlin‹. Hier arbeitet er derzeit (2016) an seiner Dissertation »From Alterglobalization to Occupy Wall Street: Neoanarchism and the New Spirit of Capitalism«.

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