Weder Hütten noch Paläste

Architektur und Ökologie in der Arbeitsgesellschaft

"Kaum eine Branche hat die Irrtümer heutiger Ökonomie so sehr verinnerlicht wie das Bauwesen. Kaum eine trägt deshalb so viel zur Zerstörung von Natur, Landschaft und Klima bei." Das Bauen ist maßgeblich an jenem Prozess beteiligt, der alle Material- und Energievorräte, alle Landschaften dieser Erde immer rücksichtloser verbraucht und sie so mit dramatischer Geschwindigkeit in die ewige Unverfügbarkeit überführt: in die totale, nie wieder rückgängig zu machende Entropie. Das war nicht immer so. Günther Moewes zeigt, dass erst ein bestimmtes Verständnis von Industrialisierung die Arbeits- und... alles anzeigen expand_more

"Kaum eine Branche hat die Irrtümer heutiger Ökonomie so sehr verinnerlicht wie das Bauwesen. Kaum eine trägt deshalb so viel zur Zerstörung von Natur, Landschaft und Klima bei."



Das Bauen ist maßgeblich an jenem Prozess beteiligt, der alle Material- und Energievorräte, alle Landschaften dieser Erde immer rücksichtloser verbraucht und sie so mit dramatischer Geschwindigkeit in die ewige Unverfügbarkeit überführt: in die totale, nie wieder rückgängig zu machende Entropie. Das war nicht immer so. Günther Moewes zeigt, dass erst ein bestimmtes Verständnis von Industrialisierung die Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft möglich gemacht hat, die für diesen stetigen Zuwachs an Entropie verantwortlich ist. Er erklärt, warum die Architektur nicht die Gesetze der Ökonomie ignorieren kann und die Ökonomie nicht die Gesetze der Physik. Und er führt schließlich vor Augen, was geschieht, wenn solche Zusammenhänge durch die jeweils herrschenden Architekturmoden fortlaufend vernachlässigt werden.



So ist ein engagiertes Plädoyer gegen die unablässige Vernichtung unserer Lebensgrundlagen entstanden – und zugleich für eine Vermeidungsgesellschaft, in der eine ökologische Architektur überhaupt erst Sinn macht. Das 1995 erstmals aufgelegte Buch wurde schnell zu einem Kultbuch für Architektur und Ökologie. Aufgrund der auch heute noch herausragenden Bedeutung des seit langem vergriffenen Buches wurde bei der jetzigen Neuausgabe die Originalfassung nicht überarbeitet, damit deutlich wird, wie wenig von den Erkenntnissen bis heute tatsächlich umgesetzt wurde. Angesichts der von Günther Moewes schon damals überzeugend formulierten Kritik am energiefressenden Neubau kann man kaum glauben, dass in den letzten Jahren verstärkt die Parole "Bauen! Bauen! Bauen!" ausgegeben wurde.



GÜNTHER MOEWES,

geboren 1935, war ursprünglich Architekt und entwickelte variable Bausysteme. Bekannt wurde er erstmalig durch seine Funktionalismuskritik "Die große Vereinseitigung" auf dem Werkbundtag 1968. 1973 erhielt er eine Professur für Industrialisierung des Bauens an der FH Dortmund, deren Gründungsausschuss-Vorsitzender er auch war. Er veröffentlichte zahlreiche wachstums- und verteilungskritische Bücher. Seit 2014 schreibt er regelmäßig Wirtschaftskolumnen und Gastbeiträge für die Frankfurter Rundschau. Zuletzt erschien im Nomen Verlag sein Buch "Arbeit ruiniert die Welt – Warum wir eine andere Wirtschaft brauchen" (2020).



Vorwort



Neue Einleitung von 2021



Das Jahrhundert der Vermischung



Was ist Entropie?



Bauen und Energie



Bauen und Wachstum



Baustoff und Entropie



Beschäftigungsstaat oder Vermeidungsgesellschaft?



Die Auflösung der letzten Landschaften



Entropie korrumpiert die Wahrnehmung



Bauen und Innovation



Ausblick



Anmerkungen



Literatur



Zugrundeliegende Veröffentlichungen



Bildnachweis



Durchaus polemisch





Was würden wir bloß ohne Streitschriften, ohne Polemiken, ohne Texte machen, die ein "J'accuse" sind?! Von Emile Zola über Adolf Laos, Günther Moewes bis zu Daniel Fuhrhop mit seinem "Verbietet das Bauen" gab es und wird es geben Autorinnen, die sich gegen die Trägheit des Zeit­geistes auflehnen und deutliche Worte benutzen. Weil das längst Gesagte und Erkannte nicht durchdringen will. Günther Moewes veröffentli­chte 1995 Texte dieser Art, nun sind sie wieder lesbar, es gibt eine Wiederauflage bei nomen in Frankfurt a. M.



Nun sind die Texte nicht neu, auch das Vorwort zur 2. Auflage erklärt nicht, warum die Texte wieder hervorgeholt werden, es muss das auch nicht, denn das "Warum" beantwortet der Blick auf das "Warum immer noch nicht?!" Vor 25 Jahren war der Begriff "Klimawandel" einer, der allein die Wissenschaft zu beschäftigen hatte, heute ist er ins Bewusstsein eines jeden denkenden Menschen eingedrungen. Aber diese Bewusstseinserweiterung, die auch Angst macht, reicht offensichtlich nicht, noch immer sind die "Limits to Growth" (Club of Rome, 1972) von Politikseite nicht akzeptiert, Wachstum ist immer noch der Garant für ein besseres, ein rundum abgesichertes Leben.



Welche Mechanismen hier wie greifen und wie die Bauwirtschaft in diesem System wirksam ist, das beschreibt der "auch mal Architekt ge­wesene" Moewes seit vielen Jahrzehnten. Seine klugen, aber eben auch zu Streit anregenden Texte sollten jetzt, heute, wiedergelesen werden. Denn manchmal ahnt man, dass mit unserem Wirtschaften etwas nicht stimmen kann, Moewes sagt uns - durchaus auch polemisch -, was es ist. Pflichtlektüre!



Be. K.



Buchtipp:





Als sich der Architekt und Wirtschaftswissenschaftler Günther Moewes und sein Verleger Joachim Schäfer kürzlich entschieden, Moewes Weder Hütten noch Paläste. Architektur und Ökologie in der Arbeitsgesellschaft wieder neu aufzulegen, da wussten sie gewiss, dass diese Streitschrift auch 26 Jahre nach Ersterscheinung kaum an Aktualität eingebüßt hat. Sätze wie "Der Freihandel mit den Gütern von heute ist die Subventionierung der Zerstörung der Umwelt." kann man heute mit der gleichen Vehemenz veröffentlichen wie 1995.



Denn Moewes stellt in Weder Hütten noch Paläste Zusammenhänge zwischen globalisierter Wirtschaft, Arbeit, fossilen Ressourcen und Bauen dar. Sie bilden für ihn eine Spirale, die sich in ökologische und politische Konflikte zuspitzen muss, da sie auf dem Verständnis eines Wirtschaftswachstums fußen, das in der Polemik Moewes nur ein irrwitziges Missverständnis sein kann: das Streben nach exponentiellem Wachstum.



Dieses misst den Erfolg von Unternehmen wie auch von ganzen Volkswirtschaften nur als Zuwachsrate im Vergleich zum vorherigen Wachstum. Für die Bauwirtschaft stellt der 1935 geborene Moewes zu Beginn seines Buches ein Beispiel voran: "Wenn eine Stadt 100.000 Wohnungen hat und jährlich 4.000 Wohnungen hinzukommen – wieviel Prozent Wachstum sind das? Es ist Nullwachstum. Zwar wächst die Stadt in dieser Zeit unaufhörlich weiter. Ihr Wohnungsbestand verdoppelt sich nach 25 Jahren. Aber die Wohnungsproduktion bleibt stets gleich. Um ein gleichbleibendes Wachstum von 4 Prozent zu erzielen, muss unsere Stadt im ersten Jahr 4.000, im zweiten schon 4.160 (4 Prozent von 104.000), im dritten 4.326, im zwanzigsten 8.426 und im dreißigsten Jahr 12.475 Wohnungen hinzubauen. Sie verdoppelt ihren Wohnungsbestand schon nach 18 Jahren und verdreifacht ihn nach 28."



Einfache Mathematik mit wahnwitzigen Produktionsergebnissen – versucht man sich etwa allein das Wirtschaftswachstum Chinas für das Jahr 2021 mit 8,1 Prozent vorzustellen. Diese Produktivität kann eigentlich nur mithilfe eines Energieaufwands realisiert werden, der unsere menschlichen Kräfte übersteigt: die fossile Energie. "Durch den Zugriff des Menschen auf die fossilen Energien gelang es in der Geschichte der Galaxie erstmalig einer Art, ihren Energieverbrauch und ihre Population über das Sonnenlimit hinaus auszudehnen.", schreibt Moewes prophetisch.



Mit dem Abbau von Kohle-, Öl- oder Gasvorkommen für die globale Wirtschaft führt Moewes einen Begriff ein, der im Laufe des Buches zur Metapher für die Vorgänge in Architektur und Stadtplanung wird: Entropie. Mit dem Begriff aus der Thermophysik beschreibt er die Vermischung von Ressourcen durch das globale Wirtschaften. Das sibirische Gas in deutschen Haushalten, die Braunkohle aus Brandenburg, auf deren Basis Maschinen betrieben werden, die wiederum Güter für den Handel von Europa nach China produzieren. Entropie bedeutet hier aber auch die Vermischung von Landschaften: die Industrieareale in Ballungsgebieten, an denen Wohnhäuser, Straßen, Parkplätze anschließen, die totale Durchdringung der Welt durch die exponentiell wachsende Wirtschaft.



Moewes – der von 1971 bis 2002 an der Fachhochschule Dortmund lehrte und dort ab 1974 das Gebiet "Industrialisierung des Bauens" vertrat – macht auch Vorschläge, wie sich diese fortschreitende Entropie eindämmen ließe. Seine Forderungen von 1995 klingen dabei ganz aktuell: Fossile Energie radikal einsparen, durch richtige Umbauten Sonnenergie nutzen, Abriss vermeiden und Altbauten umbauen, Material wiederverwenden, Siedlungszentren bilden, Zersiedelung verhindern, Gebiete dezivilisieren (etwa stillgelegte Zechen im Ruhrgebiet) und gänzlich der Natur überlassen – und sich nicht dem Irrglauben ständiger Innovation hingeben, sondern Lösungen aus dem Vorhandenen entwickeln. Also: Weder Hütten noch Paläste bauen.



Kultbuch zu Architektur und Ökologie neu aufgelegt





,,Eine Streitschrift" ist Günther Moewes Buch "Weder Hütten noch Paläste". So steht es auf dem Titel, und das macht neugierig. Der Architekt setzt sich in dem 1995 erstmals aufgelegten Buch mit der modernen Architektur und dem Städtebau auseinander. Nun wurde der Titel neu aufgelegt.



Moewes kritisiert schon 1995 den Hang zur Versiegelung und zum ständigen Neubau unter dem Verbrauch von Energie und Ressourcen heftig. Dabei beschränkt er sich keineswegs allein auf Architektur und Städtebau, sondern spannt auch den Bogen zur Naturzerstörung und Landschaftsgestaltung. So sieht er in der Landschaftspflege einen Quell von "Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen". "Landschaft ist einbezogen in den Prozess der rasanten Entropievermehrung, die von der Wirtschaft des exponentiellen Wachstums ausgeht", schreibt er beispielsweise.



Mit seinen Ausführungen und Folgerungen provoziert Moewes bewusst . Allerdings zeigt er auch Lösungsansätze auf, wie ökologische Architektur und ökologischer Städtebau aussehen könnten. Erhältlich ist das diskussionswürdige Buch für 20€.



Von Miseren und den Wegen, die aus ihnen herausführen





27 Jahre nach der Erstveröffentlichung wurde das lange vergriffene Buch »Weder Hütten noch Paläste« von Günther Moewes 2021 wiederaufgelegt. Die »Streitschrift« hat wenig an Aktualität eingebüßt – es ist also dringend notwendig, sie sich wieder zu Gemüte zu führen. Im Buch geht es um »Architektur und Ökologie in der Arbeitsgesellschaft« und abgesehen vom Vorwort wurde die Originalfassung nicht überarbeitet, damit, wie es auf dem Klappentext heißt, »deutlich wird, wie wenig von den Erkenntnissen bis heute tatsächlich umgesetzt wurde.« Wohl wahr – wie zwei Zitate anschaulich machen sollen: »Wir erhöhen unsere Produktion, Exportüberschuss, Umweltzerstörung letztendlich nur, um dadurch demokratisch weitgehend unkontrollierte internationale Finanzmacht zu erzeugen«, heißt es auf Seite 62 und im Ausblick ist zu lesen: »Bessere Architektur, intaktere Städte und Landschaften entstehen nicht durch Ästhetikstudium, Umweltverträglichkeitsprüfungen oder noch so intelligente Pilotprojekte, sondern erst, wenn die Wirtschaftsweise verändert worden ist und wir die Existenzberechtigung von der Arbeit abgekoppelt haben.« (Seite 216)



Schon hier zeigt sich, was die besondere Qualität des Buches ausmacht. Da ist zum einen der pointierte, direkte, hin und wieder polemisierende Stil. Zum anderen wird die Frage der Architektur und des Städtebaus nicht als abgelöst vom Wirtschaftssystem behandelt, sondern als eine von ihm abhängige Entwicklung verstanden. Und so kommt Moewes auch früh auf die Problematik eines Wirtschaftens zu sprechen, das das Wachstum als zentrale Prämisse gesetzt hat. Zuvor führt er den Begriff der Entropie ein – ein »Maß für den Anteil zerstreuter, nie wieder nutzbarer Energie« (S. 17) und reflektiert den Zusammenhang zwischen Bauen und Energieverbrauch.



Mit einer der bis heute wenig berücksichtigten Erkenntnisse, die seither nur ein ums andere Mal bestätigt wurde, ohne dass Konsequenzen gezogen wurden: »Energie kann niemals mit Neubauten, sondern nur mit Altbauten oder reinen Ersatzbauten eingespart werden. Auch Energiesparhäuser sparen keine Energie, sondern verringern nur den Mehrverbrauch.« (S. 33) Dass Wachstum keinen Wohlstand erzeugt, dass es im globalen Maßstab die Kluft zwischen »Erster« und »Dritter Welt« meist noch erhöht, dass zu viele Industrien davon leben, Schäden zu beheben – all das ist heute keinen Deut weniger richtig als vor 27 Jahren. Beschäftigung ist nach Moewes der Fetisch, an dem festgehalten wird, der als Existenzberechtigung verklärt wird; noch das Recycling basierten »auf der unsinnigen Forderung, Natur möglichst beschäftigungsintensiv zu schonen«. Moewes benennt die »Zentrifugalwirkung der Bodenpreise« und »die unsichtbaren, globalen Konzentrationen von Wirtschafts- und Finanzmacht«, denen kleine Idyllen, »Schutzinselchen« gegenüberstehen: »Landschaft gerät zur Mickymaus-Natur.« (S 132 f.) Moewes plädiert für das bedingungslose Grundeinkommen, dafür, Architektur konsequent so zu gestalten oder umzubauen, dass Solarenergie genutzt werden kann. Denn nur wenn wir die Sonnenenergie als die einzige, von außen zugeführte Energie nutzen, sind Kreisläufe ohne Qualitätsverlust möglich. Auch zum aktuellen Thema Kreislaufwirtschaft sagt Moewes Wesentliches: Sie ist nur möglich, wenn wir den Altbestand nutzen, Füllstruktur und Hüllstruktur voneinander trennen und für die Wiederverwertbarkeit von Bauteilen auf »umfassende Standardisierung, verbindliche Staffelung von Abmessungen, Größen, Spannweiten« setzen. (S. 81) Ob dann wirklich die »überschaubare Einheiten der Größenordnung der Renaissancestädte« (S. 211) entstehen müssten oder ob das nicht eine arg idyllische Vorstellung einer möglichen besseren Zukunft ist, sei dahin gestellt. Wir sind leider auch nach 27 Jahren nicht in der Lage, uns darüber Sorgen machen zu dürfen.



»... Ein schier unerschöpfliches, gedankenreiches, herausforderndes Buch, mit Witz und Wut geschrieben. Aufklärung im besten Sinne, weit über Ökologie und Bauen hinaus.«



»In einer zukunftsfähigen Stadt muss das Bauen zur Ausnahme werden. Extrem formuliert: Verbietet das Bauen!«



»... Das Buch bleibt nicht bei bloßer Kritik stehen. Es beschreibt, wie ökologische Architektur und ökologischer Städtebau aussehen müssten, wenn eines Tages der Beschäftigungsstaat zugunsten einer Vermeidungsgesellschaft überwunden wäre.«



» ›Bauen verbraucht die Welt‹, Begrünungen von Häusern und Stadtquartieren sind ›Psychopharmaka‹ und das Ökologische Bauen ist ›wenig ökologisch‹. Das sind noch die einfachsten Thesen von Günther Moewes. ... Man müsste das ganze Buch referieren, um dessen bestechende Logik vorzuführen. ... Schade, dass Politiker und Architekten kaum lesen. Das hier ist ein Buch für sie: knallhart, präzis, scharfzüngig. Und sehr, sehr ernsthaft.«



Kritik an Stadtplanung: "Wie das Ausstechen von Weihnachtsplätzchen"





Aristoteles hat die Beziehung zwischen Körper und Seele einmal mit einem Gleichnis erklärt. Demnach zeichnet ein Lebewesen nicht seine Erscheinung aus, sondern sein Wirken auf seine Umwelt. Analoges müsste auch für die Architektur und für unsere Lebenswirklichkeit gelten – das zumindest ist der Anspruch, den Günther Moewes in seinem Buch "Weder Hütten noch Paläste" vertritt.



Das Werk, das der Verlag ein »Kultbuch für ökologische Architektur« nennt, ist bereits 1995 erstmals erschienen. Nachdem es lange vergriffen war, hat es der Frankfurter Nomen Verlag im Herbst neu aufgelegt. Zum Glück, möchte man meinen. Denn sein Inhalt erscheint heute aktueller denn je.



Moewes' »Streitschrift« fordert ein neues architektonisches Bewusstsein ein. Konkret liest sich das so: »Bessere Architektur, intaktere Städte und Landschaften entstehen nicht durch Ästhetikstudium, Umweltverträglichkeitsprüfungen oder noch so intelligente Pilotprojekte, sondern erst, wenn die Wirtschaftsweise verändert worden ist, wenn wir die Existenzberechtigung von der Arbeit abgekoppelt haben.« Dem emeritierten Professor vorzuwerfen, nicht grundsätzlich genug zu argumentieren, ist nachgerade absurd. Stückwerk ist seine Sache nicht.



Der Schlüsselbegriff der Moewes'schen Theorie lautet Entropie. Er basiert auf dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, dem zufolge in einem geschlossenen System alle Vorgänge nur in einer Richtung erfolgen: von Zuständen höherer zu Zuständen niedrigerer Ordnung.



In solchen Systemen aber, zu denen auch die Erde zählt, entsteht eine Zielenergie oder -materie nur durch gleichzeitige, unbeabsichtigte Entropie an anderer Stelle. Ein Beispiel aus der Industriegesellschaft: Die Kraft einer Dampfmaschine kann nur durch eine ungleich höhere Produktion sinnloser Abfallwärme erzeugt werden.



"Was nützt es, wenn wir immer schneller an jeden Punkt der Welt gelangen können, dort aber überall das gleiche Einheitsgemisch aus Konsum-, Schlaf-, Tourismus- und Fast-Food-Architektur vorfinden?", fragt Günther Moewes in seinem Buch.



Da unser ganzes Wirtschaften so – und nur so – funktioniert, stehen wir offenkundig vor einem gravierenden Problem. Genau das will Moewes drastisch vor Augen führen.



Er kritisiert Wachstumsparadigma und "Beschäftigungsstaat", glaubt im Funktionalismus einen kranken Zahn der Gesellschaft auszumachen. Rückbezogen auf die Architektur: Dieser führe dazu, dass Stadtplanung "wie das Ausstechen von Weihnachtsplätzchen" gedacht werde: die Gebäude als "die gemeinten Sterne, Herzen und Monde", der Zwischenraum als "das Übriggebliebene, Zufällige, (...) quasi der Abfall".



Rhetorische Fragen setzen den Leser geschickt in die Spur: "Was nützt es, wenn wir immer schneller an jeden Punkt der Welt gelangen können, dort aber überall das gleiche Einheitsgemisch aus Konsum-, Schlaf-, Tourismus- und Fast-Food-Architektur vorfinden?"



... "Das wirkliche ökologische Bauen" sei "dem 'konventionellen' Bauen des frühen 20. Jahrhunderts ähnlicher als der heutigen Meinungsarchitektur". Das, was heute als nachhaltige Architektur reüssiere, versuche dagegen lediglich den Eindruck des Umweltgerechten zu erwecken – durch Vermischung mit Grün und Natur.



Was Moewes anspricht, ist zwar keineswegs neu, wird dafür jedoch in ungewohnten Zusammenhängen gesehen. Seine mitunter erfrischende Polemik verhilft so mancher Einsicht zu mehr Nachdruck. Dabei mag die ein oder andere Forderung schon mal übers Ziel hinausschießen. ...



Dennoch sei das Buch dringend empfohlen. Mag es zu Zeiten seiner Erstauflage noch als Fundamentalopposition dahergekommen sein: Aus dem streitbaren Pamphlet ist inzwischen eine veritable Denkschrift geworden. Denn die Entwicklungen des letzten Vierteljahrhunderts geben dem Autor auf drastische Weise recht.

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