Der Streit um die Partisanen

Dem deutschen Kommunisten Karl geht es gut auf der griechischen Insel, obwohl er dem Bewährungsbataillon neunhundertneunundneunzig angehört. Doch da wird er zum Partisanenkampf aufs Festland geschickt. Wegen seines schlechten Schuhwerks ist er beim Marsch etwas zurückgeblieben und entdeckt am Straßenrand zwei Partisanen. Er will sie schon laufen lassen, da kommen der Bayer Alois und weitere drei Kameraden dazu, die die beiden sofort erschießen wollen. Karl gelingt es, sie als seine Gefangenen mit zur Truppe zu nehmen. Das ist aber nur ein Aufschub, denn er soll die beiden gemeinsam mit Alois erschießen. Fieberhaft sucht er nach einer Lösung, das... alles anzeigen expand_more

Dem deutschen Kommunisten Karl geht es gut auf der griechischen Insel, obwohl er dem Bewährungsbataillon neunhundertneunundneunzig angehört. Doch da wird er zum Partisanenkampf aufs Festland geschickt. Wegen seines schlechten Schuhwerks ist er beim Marsch etwas zurückgeblieben und entdeckt am Straßenrand zwei Partisanen. Er will sie schon laufen lassen, da kommen der Bayer Alois und weitere drei Kameraden dazu, die die beiden sofort erschießen wollen. Karl gelingt es, sie als seine Gefangenen mit zur Truppe zu nehmen. Das ist aber nur ein Aufschub, denn er soll die beiden gemeinsam mit Alois erschießen. Fieberhaft sucht er nach einer Lösung, das Leben der beiden zu retten.



„Nichts von Belang, Herr Leutnant“, brummte Gorke, „bei der Durchsicht der Urlauberkartei ergibt sich, dass diesmal der Schütze Leonhardt, Karl, dritter Zug, dran ist.“

„Letzter Urlaub?“ Die militärische Kürze steht mir gut, dachte der Pimpf, und außerdem weist sie den Hauptfeldwebel in seine Schranken.

„Noch gar keinen Urlaub, Herr Leutnant“, antwortete Gorke, und es war wie ein kleiner Triumph in seiner Stimme: Warte, du Rotzer, hier kannst du nicht nein sagen.

„Noch gar keinen Urlaub? Wo gibt’s denn so was?“

„Politischer!“, antwortete Gorke, unwillkürlich seine Stimme dämpfend.

„Politischer? Ach ja, jetzt kenne ich den Mann, so ’n großer schlanker, macht immer bisschen was von sich her. Ein gefährlicher Bursche.“

„Nicht dass ich wüsste, Herr Leutnant.“

„Nicht dass ich wüsste, nicht dass ich wüsste – ja, mein Lieber, Sie wissen manches nicht, aber ich weiß.“

„Der Mann ist fast zwei Jahre nicht zu Hause gewesen, nach der Dienstvorschrift …“

„Dienstvorschrift! Unsere Dienstvorschrift ist die Sicherung der Front, innen und außen. Mir genügt, dass dieser Leonhardt seine Kumpane hier verrückt macht. Es ist nicht gut, wenn er auch noch vor seinen Leuten in der Heimat das Maul aufsperrt.“

„Wir haben keine Handhabe, Herr Leutnant.“

„Handhabe? Ich kichere, Herr Hauptfeldwebel. Wenn wir eine ,Handhabe‘ hätten, brauchte der Mann niemals mehr einen Urlaubsschein. Vom Pfahl tritt man den großen Urlaub ohne Schein an.“

„Herr Leutnant“, wagte Gorke den letzten Widerspruch.

„Schluss, für den Leonhardt unterschreibe ich keinen Urlaubsschein, verstanden!“

Kellner hatte sich erhoben und die letzten Worte mit einer Entschiedenheit hervorgestoßen, die es dem Hauptfeldwebel geraten sein ließ, keinen weiteren Versuch zu unternehmen. Er legte die Hand an das Mützenschild und verließ das Zimmer. „Rotzpopel, affiger“, murmelte er auf dem Korridor, ihm, dem Hauptfeldwebel Gorke, so zu kommen. Und der Leonhardt fährt auf Urlaub, das wäre gelacht!

In seinem Zimmer angekommen, suchte er aus der Formularkiste einen Urlaubsschein heraus und malte mit grimmiger Befriedigung darauf: „Leonhardt, Karl, geb. 31. Jan. 1913 – nach Dresden.“ Als er ihn in sein dickes Buch stecken wollte, fiel ihm noch etwas ein. Er nahm den Federhalter und setzte hinzu „und Hildesheim“. Morgen würde er den Schein bei passender Gelegenheit dem Alten vorlegen, der Pimpf konnte ihn …



Am 21.10.1911 in Leipzig geboren, Besuch der Mittelschule, Lehre als Buchhändler.

1929 Mitglied des KJVD, 1930 KPD-Mitglied. 1934 wurde er wegen der Teilnahme am antifaschistischen Widerstandskampf verhaftet und blieb bis 1938 im Zuchthaus Waldheim, danach bis 1940 KZ Buchenwald. 1942 kam er ins Strafbataillon 999. U. a. war er auf Korfu stationiert und arbeitete als Funker in Karousades. Dort half er griechischen Partisanen und warnte die Juden vor der Deportation. Er konnte der Erschießung entgehen, setzte sich in Sarajevo von der Truppe ab und kehrte über Österreich nach Leipzig zurück.

Er beteiligte sich am Aufbau der Jugendausschüsse und der FDJ und wurde 1946 SED-Mitglied. Er hatte wechselnde Tätigkeiten: Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, Regierungsrat in Sachsen, Hauptdirektor der VESTA (Vereinigung Volkseigener Stahlwerke), Werkleiter im VEB Guss Köthen, Leiter des Aufbaustabes des Kombinats Schwarze Pumpe, Personalchef im Konstruktions- und Ingenieurbüro Leipzig.

Von 1955 bis 1957 absolvierte er ein Fernstudium am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ und war seit 1958 freischaffender Schriftsteller.

Grabner wurde mehrmals mit Parteistrafen belegt, seit 1961 vom MfS überwacht und erhielt nach dem 11. Plenum 1965 ein vorübergehendes Berufsverbot.

Er war in zweiter Ehe mit der Schriftstellerin Sigrid Grabner verheiratet.

Er starb am 3. April 1976 in Werder.

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