Das Erbe der Venatoren

Chronik der Venaroren – Band II

Beinahe vier Jahre ist es her, dass Corvin das Gemetzel im „Stammheim“ überlebte. Jetzt wird Michael, Busters Bruder, brutal in München ermordet. Die Beziehung zwischen Andrea und Corvin wird auf eine harte Probe gestellt, als Corvin in Lena, der neuen Sozialarbeiterin der Schule eine hartnäckige Verehrerin findet. Außerdem scheint Andrea etwas vor ihm zu verbergen. Monate vorher feiert eine Schülerin ihren 16. Geburtstag. Am Ende der Feier beschließen die letzten Gäste mit Hilfe eines Quija-Brettes einen Geist zu beschwören. Alle Lichter im Haus verlöschen und eine der anwesenden Schülerinnen, ebenso wie einige... alles anzeigen expand_more

Beinahe vier Jahre ist es her, dass Corvin das Gemetzel im „Stammheim“ überlebte. Jetzt wird Michael, Busters Bruder, brutal in München ermordet.

Die Beziehung zwischen Andrea und Corvin wird auf eine harte Probe gestellt, als Corvin in Lena, der neuen Sozialarbeiterin der Schule eine hartnäckige Verehrerin findet. Außerdem scheint Andrea etwas vor ihm zu verbergen.

Monate vorher feiert eine Schülerin ihren 16. Geburtstag. Am Ende der Feier beschließen die letzten Gäste mit Hilfe eines Quija-Brettes einen Geist zu beschwören. Alle Lichter im Haus verlöschen und eine der anwesenden Schülerinnen, ebenso wie einige Kilometer entfernt auch die Sozialarbeiterin, verliert zeitgleich das Bewusstsein.

Seit dieser Nacht geschehen in Corvins Umfeld beängstigende Dinge.



Die Gestalt hielt ausreichend Abstand zu Michael. Sie wartete immer einen Augenblick an den Ecken der Häuser, bevor sie diese umrundete, drehte sich aus sicherer Entfernung von ihrem Ziel weg, wenn dieses kurz anhielt oder studierte interessiert einige Schaufenster, wenn der Ende Dreißigjährige sich unerwartet umdrehte.

Es schien als habe der Verfolger an alles gedacht. Abgesehen von seiner Körperlänge von etwa eins-achtzig konnte man nichts Handfestes über ihn berichten. Die klobigen Turnschuhe, die weiten Freizeithosen und der übergroße Kapuzenpulli ließen kaum einen Rückschluss auf seine Statur zu. Die Kleidung verschleierte perfekt alle sekundären Geschlechtsmerkmale und der Schirm des Baseballcaps, das die Gestalt tief ins Gesicht gezogen hatte, verdeckte bis zur Nasenspitze den oberen Teil ihres Gesichtes. Ihre Haare, wenn sie denn lang genug waren, um unter der Kappe hervorzuquellen, waren durch die Kapuze ihres Pullovers verdeckt, die sie noch über der Schirmkappe trug.

Um ganz sicher zu gehen, hielt sie die meiste Zeit ihren Kopf gesenkt und hatte ihre beiden Hände tief in den Taschen ihrer weiten Baumwollhose vergraben. Trotz der extremen Vorsichtsmaßnahmen, um nicht erkannt zu werden, waren es gerade diese Attribute, die einigen Leuten auffielen und an die sie sich nach dem Vorfall als ungewöhnliche Tatsachen erinnern konnten. Denn in diesen Tagen hatte der Sommer seine Spitzentemperaturen erreicht. In den letzten beiden Tagen hatte die Sonne die 30 Grad Marke locker hinter sich gelassen und auch heute war es nicht viel kühler. Niemand war bei einem solchen Wetter in dicker, langärmeliger Baumwollkleidung unterwegs. Doch nur die Beschreibung der - zu dieser Jahreszeit untypischen - Kleidung, würde nicht helfen.

Gegen halb sieben hatte man Michael heute aus dem Sanatorium entlassen. Er hatte sich langsam an die immer wiederkehrenden Tests gewöhnt und sich mit der Tatsache abgefunden, dass sein Leben wohl nie wieder in sogenannten „normalen Bahnen“ verlaufen würde. Aber zumindest würde er keine Gefahr mehr für andere sein und den überwiegenden Teil seines Lebens bei seiner Familie verbringen dürfen… und das war für ihn das Wichtigste. Es würde kein Verstecken mehr geben und er würde keine Angst mehr haben müssen. Er würde ein menschenwürdiges Leben führen und dafür war er mehr als dankbar!

Nach dem kurzen Fußmarsch von nicht mehr als vier oder fünf Minuten erreichte Michael schließlich die U-Bahnstation am Scheidplatz, die ihn nach drei Stationen in die Nähe seines neuen Zuhauses bringen würde. Diese bewohnte er seit knapp vier Jahren zusammen mit seiner jüngsten Schwester und seinem Vater hier in München. Durch Sponsorengelder und staatliche Subventionen für die Forschungsarbeit kam man für das Nötigste auf, um seine Familie zu unterstützen und sich seiner Mitarbeit zu versichern.

Als Michael die Unterführung zur U-Bahn-Station betrat, schlug ihm eine etwas kühlere, aber auch abgestandene Brise entgegen. Die verbrauchte Luft hier unten vermischte sich mit dem Duft von altem Urin und den Absonderungen der elektrisch aufgeladenen Leitungen. Beim Hinabsteigen versuchte er einen großen Bogen um die überquellenden Mülleimer und die allgegenwärtigen leeren Bierdosen und vollen Kondome zu machen, die wie die verstreuten Leichen eines Kriegsschauplatzes in jeder Ecke dieser unterirdischen Tunnel und Katakomben zu finden waren. Er ahnte nicht, dass er beschattet wurde. Nicht einmal dann, als er aus der Masse der Wartenden heraustrat, um sich direkt vor dem Absatz des Bahnsteiges zu platzieren und die Gestalt direkt hinter ihn an den Rand der Bahngleise trat.

Ein Lichtkegel, der im Inneren des Tunnels vor ihm um eine Ecke bog, ließ Michael kurz die Augen zusammenkneifen, während er das Gesicht abwandte. Mit einem unangenehm hallenden und quietschenden Klang kam die U-Bahn aus der Tunnelöffnung der Bahnstation heraus und wurde zusehends langsamer, als sie an der Haltestelle abbremste.

Das jetzt Folgende geschah sehr schnell und konnte nie ganz aufgeklärt werden.

Zwei Passanten, die in unmittelbarer Nähe von Michael und der vermummten Gestalt ebenfalls auf die Bahn warteten, sagten später aus, sie hätten gehört, wie die Gestalt dem jungen Mann etwas laut zurief, um das kreischende Geräusch der Bremsen zu übertönen.

In dem Moment als der Zugwagen der Bahn die beiden erreicht hatte, stieß die verhüllte Gestalt hart mit dem Ellenbogen zu. Mehr vor Überraschung, als vor Angst, gab Michael nur ein verwundertes „Humpf!“ von sich, bevor er auf die Gleise stürzte und das tonnenschere Personenbeförderungsmittel seinen Körper unbarmherzig erfasste. Neben seiner rechten Hand und seinem linken Bein, die man später beide sauber von seinem Körper abgetrennt auffand, wurde der Rest von Micheal buchstäblich zu einer Masse aus Fleisch und Knochen zermalmt.

Exakt in diesen Sekunden schien die Station für einige Momente ihre gesamte elektrische Energie zu verlieren. Das Licht flackerte in dem gesamten U-Bahn-Abschnitt, bevor es für eine ganze Minute völlig erlosch. Sämtliche Stromleitungen, inklusive der Überwachungskameras und der Bahn selbst wurden lahmgelegt. Dem entsetzten Geschrei der umstehenden Leute, die den Vorfall beobachtet hatten, gesellten sich nun auch noch die ängstlichen Rufe anderer Passanten durch das Erlöschen des Lichtes hinzu. Übertönt wurde diese Kakophonie nur durch das hochfrequente Kreischen der jetzt vollständig blockierenden Bremsen der einfahrenden Bahn. Die anschwellende Panik durch Michaels Tod und der Ausfall des Stromes verschafften dem Täter mehr als genug Zeit, um ungesehen zu entkommen.

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