Kriminalkommissar Wendt ermittelt

In einem Dorf an der Ostsee wird innerhalb kurzer Zeit in Datschen wohlhabender Leute eingebrochen; kostbare Antiquitäten und technische Ausstattungen werden entwendet. Die Kriminalpolizei ahnt: Hier sind Kenner am Werk. Doch gemessen an Hauptmann Wendts früherer Tätigkeit scheint diese Einbruchsserie banal. Bis ein Mensch zu Tode kommt. Und - bis Wendt sich in die schöne und selbstbewusste Jenny verliebt. Für Hauptmann Wendt entsteht eine ungewöhnliche Situation: Seine Arbeit und seine Liebe beginnen einander zu zerstören. Nebel: Kriminalkommissar Wendts 2. Fall: „Wer mit Sprengstoff hantiert, der fliegt leicht selber in die Luft", hatte... alles anzeigen expand_more

In einem Dorf an der Ostsee wird innerhalb kurzer Zeit in Datschen wohlhabender Leute eingebrochen; kostbare Antiquitäten und technische Ausstattungen werden entwendet.

Die Kriminalpolizei ahnt: Hier sind Kenner am Werk.

Doch gemessen an Hauptmann Wendts früherer Tätigkeit scheint diese Einbruchsserie banal. Bis ein Mensch zu Tode kommt. Und - bis Wendt sich in die schöne und selbstbewusste Jenny verliebt.

Für Hauptmann Wendt entsteht eine ungewöhnliche Situation: Seine Arbeit und seine Liebe beginnen einander zu zerstören.

Nebel: Kriminalkommissar Wendts 2. Fall: „Wer mit Sprengstoff hantiert, der fliegt leicht selber in die Luft", hatte der Schriftsteller Richard Nebel kurz vor seinem plötzlichen Tod zu dem Kriminalisten Wendt gesagt. Hatte er da vielleicht auch an den Stoff für seinen geplanten Politthriller gedacht? Dann hätte ihm das Wissen um die Gefahr allerdings wenig genützt. Christian Wendt jedenfalls hat Zweifel an einem Unfalltod Nebels und mit einem Mal den Verdacht, dass in dem Land, dem er mit Leib und Seele dient, das staatlich organisierte Verbrechen längst eine feste Größe ist.

Christian Wendt, mit Leib und Seele Polizist, schließt ein Verbrechen nicht aus und gerät bei dem Versuch, zwei Herren zu dienen - der Wahrheit und seinem »Staat« -, in ein Netz von Erpressung und Betrug, Lüge und Mord, von Bestechung und Angst und schließlich in die Fänge jener Organisation, der womöglich auch Nebel zu nahe gekommen ist.

Schließlich: Ein verfilzter Fall für Kriminalkommissar Wendt: Mehr als zwanzig Jahre nach dem Abitur muss er gegen seine früheren Schulfreunde ermitteln. Der gewaltsame Tod des ehemaligen Zeichenlehrers hat aus dem Quartett von damals ein Trio gemacht, und jedes der Mitglieder ist auf seine Art in den Mordfall verwickelt. Kommissar Wendt wittert ein Wirtschaftsdelikt im ganz großen Stil ...



Unabwendbar

Nebel

Das Quartett

Der Leuchtturm



Es tut elend weh, kein Blut in den Händen, die immer schwerer werden. Versuche, die Finger zu bewegen! Gut, dass es hell wird. Fast alle anderen sind in Jeans, du bist die Ausnahme, das reizt den Kerl. Schon wieder sein Knüppel glatt poliert im Nacken, am Rückgrat abwärts, vor die Brust getippt und nun höhnisch unters Kinn. Das zeigt deutlicher als Worte, du musst parieren, er genießt es, dir turmhoch überlegen zu sein. Ihn freut das erbärmliche Stück Macht, weil er selber sonst kuschen muss.

Und die Pöbelei der Übrigen, wenn der Trupp sich nähert: »Pisser, Penner, Assis ...« - »Stehen, bis sie weich sind.« -»Wer abrutscht, darf noch mal.« - »Meine steht gut im Schuh.« - »Die Fotze da ist auch hübsch zäh.« (Es klingt, als schließe man Wetten ab.) »Haben uns aufhängen wollen, ehj.« - »Dem stehen wohl die Zähne zu eng?« - »Wenn der Fisimatenten macht, schlag ihm die Scheiße aus dem Leib.« - »Der Arsch von der Firma macht wieder Terror.« - »Madam, woher das Pflaster? Was gehst du mit der Figur auch auf die Straße? Das kannst du bei uns leichter haben.« - »Wer nicht spurt, kriegt 'ne Abreibung.« - »Die machen wir fertig, gleich wird man sie sprinten sehen« - »Das mussten die jedes Wochenende kriegen.« - »Und zwar einzeln, individuell.« - »Bis denen das Wasser im Arsch kocht.«

Landsknechte, denkt Jenny. Die Zeiten der Ketzerjagd. Unglaublich, dass diese Typen zur Schule gegangen sind. Das also hat der Sozialismus auch hervorgebracht. Plötzlich nichts mehr. Sie sind weggeschlurft; weiter. Ihr Ton ist ätzend, empörend das ganze Betragen, die Behandlung hier, selbst wenn man ihnen zugutehält, dass sie seit Tagen Bereitschaft haben und nach ihren Reden kaum aus der Uniform gekommen sind. So darf ein Mann nicht verludern, auch wenn er glaubt, im Bürgerkrieg zu sein. So benimmt sich kein Polizist, einerlei, was man ihm erzählt haben mag über die Opposition. Es sei denn, seine Oberen peilen die chinesische Lösung an und geben ihm grünes Licht, den Freibrief für Niederträchtigkeit im Vorfeld des Himmlischen Friedens.

Das Zerren im Unterleib nimmt zu, der Druck auf die Blase wächst. Als der Bewacher hinter ihr vorbeistreift, sagt sie: »Ich halt's nicht mehr aus ...«

»Beleg mich nicht von der Seite.«

»Ich muss mal.« Es klingt wie im Kindergarten.

»Schon wieder? Hochziehen und ausspucken!«

»Verzeihung, aber es ist unerträglich.«

»Pissnelken seid ihr. Schwitz es durch die Rippen.«

»Bitte, es geht nicht mehr.« Nur Betteln kann ihn erweichen.

Endlich sagt er: »Na ja. ich bin kein Unmensch. Los, hock dich hin, mach Pipi.«

Sie kauert nieder, fühlt erst Erleichterung, dann Scham. Es macht sie so wahnsinnig klein, ihr Kopf auf der Höhe seines Schritts, gebieterisch steht er vor ihr, dürfte zehn Jahre jünger sein.

»So human sind wir«, sagt er. »Verdient hast du's nicht, du Schnepfe. Ihr wolltet uns fertigmachen, ja? Nun aber Schluss. Hose hoch, in Fliegerstellung! Nutz meine gute Laune nicht aus zum Schummeln. Einen Meter weg von der Wand und Botten auseinander ...« Die alte Litanei. Mit dem Stock korrigiert er ihre Haltung.

Jenny bebt vor Kälte, vor Wut, vor Angst, es nicht länger durchzustehen. Die Hände kribbeln, die Arme schlafen ihr ein, es zuckt in der Wade, ein Krampf kündigt sich an. Sie verringert den Abstand der Füße, rückt der Wand heimlich näher, legt die Handflächen auf, um den Muskelschmerz zu mindern. Sie muss es schaffen, wer schlappmacht, den prügeln sie hoch.

Das hat sie seit Mitternacht gelernt: Widerstand ist Warten, Schlottern, Quälerei in wechselnden Gängen und Höfen, ist Hundegebell, Hunger und Durst; nicht mal das Nötigste geben sie dir. Sich engagieren heißt hierzulande, kaum zu ahnen, wo du bist und was sich rings um dich tut. In Lastwagen durch die Stadt zu rumpeln, auf der Suche nach Zellen, nach Haftmöglichkeit und Vernehmungskapazität in überquellenden Revieren. Opponieren heißt, dich auf Kommando zu entkleiden, unter Aufsicht zur Toilette zu gehen, wenn überhaupt, und es bei offener Tür zu tun. Aufrechter Gang, das sind Spaliere prügelnder Bullen, Spießrutenlauf an jeder neuen Station, hechelnde Köter und die Furcht vor ihren Bissen. Menschliche Würde, das ist der Laufschritt treppauf, treppab, getrieben durch Knüppel, falls du zu langsam bist, Tritte in die Waden ... Viehauftrieb, gehetzt von Rufen wie »kommste-kommste«, »Mensch-Mensch-Mensch« und »Tempo, du Gurke, oder ich mach' dir Beine! So was Lahmes wie du braucht wohl nen Tritt in den Arsch!«.



Der kurz vor seinem 90. Geburtstag am 20. November 2017 in Ahrenshoop in Mecklenburg-Vorpommern gestorbene Schriftsteller Wolfgang Schreyer gehörte zu den produktivsten und erfolgreichsten und nicht zuletzt meistgelesenen Autoren der DDR. Während mehr als sechs Jahrzehnten schriftstellerischer Arbeit veröffentlichte Schreyer mehr als 40 Bücher in einer Gesamtauflage von rund sechs Millionen Exemplaren. Eine Reihe seiner Bücher wurden von der DEFA oder vom DDR-Fernsehfunk verfilmt, darunter „Der Traum des Hauptmann Loy“ (1961) und „Das grüne Ungeheuer“ (1962) sowie „Preludio 11“ (1963), Alaskafüchse (1964) und „Der Adjutant“ (1972).

Kennzeichen seiner Bücher waren ein oft abenteuerliches und spannendes Schreiben ebenso wie sehr gut recherchierte und an Tatsachen orientierte Texte. Auch wenn sein literarisches Werk in weiten Teilen der Unterhaltungsliteratur zuzuordnen ist und oft an für DDR-Zeiten exotischen Schauplätzen wie in Lateinamerika, der Karibik und den USA spielt, wo auch der DDR-Bürger Wolfgang Schreyer vor der Wende kaum hinkam, trägt es fast immer gesellschaftskritische Züge – die Kritik am eigenen Land nicht ausgeschlossen. Nicht zuletzt wegen seiner Freundschaft mit Stefan Heym stand Schreyer seit 1958 mehrfach für längere Zeit unter Beobachtung der DDR-Staatssicherheit.

Aufschlussreiche Auskünfte über sein Leben und Schreiben hatte der am 20. November 1927 in Magdeburg geborene und seit 1972 in Ahrenshoop lebende Schriftsteller in Titeln wie „Ahrenshooper Begegnungen“ (2008) und „Zu guter Letzt“ (2016) sowie vor allen in seiner im Jahre 2000 vorgelegten Autobiografie „Der zweite Mann“ gegeben.

Aus der Biografie:

1927 20. November geboren in Magdeburg;

Besuch der Oberschule

Einsatz als Flakhelfer

Soldat der Wehrmacht

Gefangennahme und amerikanische Kriegsgefangenschaft

1946 Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft

1947/49 Ausbildung zum Drogisten

1950/52 Geschäftsführer eines Werks der Pharmazeutischen Industrie in Tangerhütte

1952 Erscheinen seines ersten Romans „Großgarage Südwest“, seitdem war Wolfgang Schreyer freier Schriftsteller

1952 Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR

1956 Auszeichnung mit dem Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR (für sein Kriegsbuch „Unternehmen Thunderstorm“)

1972 Offizieller Umzug von Magdeburg nach Ahrenshoop

1974 Mitglied des PEN-Zentrums der DDR

1990 Mitglied des Verbandes deutscher Schriftsteller

2017 14. November gestorben in Ahrenshoop

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