Der Takt liegt auf dem linken Fuß
Gedichte
Die Gedichte von 1958 schrieb der Revolutionär und Kommunist Hasso Grabner, der als Mitglied der KPD von den Nazis ins Zuchthaus Waldheim gesperrt und anschließend in das KZ Buchenwald gebracht wurde. Voller Pathos und glühendem Eifer preist er in seinen Versen den beginnenden Aufbau des Sozialismus, den Wandel des Menschen, den Kampfeswillen der NVA und wirtschaftliche Schwerpunkte wie das Stahlwerk Gröditz und den Bau des Überseehafens Rostock.
Der Takt liegt auf dem linken Fuß
QUELL
Die drei Worte des Kongresses
Wer so wie ihr
Rote Nelke
Die Einladung
Brief
Finanzplan 1932
Mensch, wo ist dein Bruder?
Parteilehrjahr 1939
20. Jahrestag der Partei
GEWEHR
Zwischen diesen beiden
Eine einfache Frage
Zwei Generäle
Dem jungen Flieger
Hochwasser
Ostwind weht
Flottenparade zum 40. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution
Mit der Partei
HAMMER
Meine Mutter
Hoch hinauf
Dresdner Selbstgespräch
Adolf Hennecke
Ballade vom Aufbau des Bandagenwalzwerkes Gröditz
Stalinallee
Kleine Rechenstunde
Zwei Schiffe
Steine für die Rostocker Mole
Kinderferienlager
Die Partei
Auch so
Junger Genosse!
Den Delegierten des V. Parteitages
Der Sozialismus siegt
Hochwasser
Mit Eifer und Wut
schleppten sie Balken und Steine
und Säcke voll Sand
durch Nacht
und Not,
aber im Lichtkegelscheine
sahen sie, wie die Flut
ihren Mühen lacht
und das Land
tödlich bedroht.
Mit keuchenden Lungen
stürmten sie wieder und wieder
gegen der Wasser Gewalten,
um der gierigen Zungen
gurgelndes Auf und Nieder
in Schach zu halten.
Dann sah es so aus,
als siegte die Kraft ihrer Hände
und ihres Willens Kraft
über den Graus
und der Elemente
zerstörende Leidenschaft.
Ein Glück! -
Sie schauten zum erstenmal links und rechts.
Da standen wie Mauern
Arbeiter aus der nahen Fabrik
und stämmige Bauern,
Genossen dieses Gefechts.
Da empfanden sie in außergewöhnlicher Reinheit
und in viel höherem Maße unmittelbar
als durch jeglicher Schulung Daten,
wie doch die Lehre von der kämpfenden Einheit
der Arbeiter, Bauern, Soldaten
lebendig war.
Und wie sie das noch beglückt erfühlten,
als ob sie einen innigen Kuss empfänden,
geschah es,
anfänglich unbemerkt:
Die oben gebändigten Wasser spülten
verstärkt
an den Dammfundamenten.
Einer von ihnen sah es
im Scheinwerferschatten.
Ein spannenbreiter,
tiefer Riss!
Wie hungrige Ratten
mit scharfem Gebiss
nagten die Fluten ihn weiter.
Alle stehn blassen Angesichts
vor diesem Schrecken
und denken: Das ist das Ende.
Einer aber sagt: „Da hilft alles nichts,
man muss das mit dem Bauche zudecken.
Gebt mir die Hände!“
Und lässt sich,
von zwei Genossen gehalten,
in die Wasser, die wilden,
und presst sich
an der Böschung winzige Falten,
während sich reißende Wirbel um ihn bilden.
Da hängt er nun bis zum Halse drinnen
und stemmt sich verbissen
gegen die wüste Gewalt
mit notwehrgeschärften Sinnen,
innerlich ganz zusammengerissen
und gebietet mit seinem Leibe Halt!
Gegen das Zerstörende
ringt er,
das alles gepackt hat.
Sein Herz, das sich empörende,
zwingt er,
dass es dieses Tanzes richtigen Takt hat.
Ursprünglich hatte er gedacht:
Man wird mich ablösen,
wir sind ihrer viele.
Bald aber hatten die Fluten ihm klargemacht:
Den Einsatz zahlst du allein in diesem bösen,
höchste Münze heischenden Spiele.
Eine Minute nur die bestürmte Stelle
ohne das schützende
Bollwerk aus Blut und Fleisch und Knochen,
und des Wirbels hochaufspritzende,
rasende Welle
hätte den Damm durchbrochen.
Nein, man darf nichts verloren geben
und es gibt hier nichts zu wählen,
selbst wenn aushalten hieße: untergehn.
An alle denkend, die jetzt auf ihn zählen,
verband er dem Damme sein Leben
und blieb stehn.
So lange -
und das waren Stunden,
deren Länge keine Zeiger aussagen -
wie die Genossen Stange um Stange
in den einbruchgefährdeten Halbkreis schlagen
und sie verspunden.
Dann holten sie ihn heraus.
Ihre Herzen umschlossen
den, der ihnen allen den eigenen Leib geliehn.
Schweigend fuhrn sie nach Haus.
Alle Genossen
beugten sich über ihn.
Einige Tage später
waren viele versammelt.
Ein Gemeindevertreter
stammelt
im Überschwang
würgender Rührung
den Dank
und drückt ihm minutenlang
die Hand.
Er aber fand,
dass der Worte zu viele waren
von heldenhafter Führung
und Mut und Gefahren,
die sie ihm zu Ehren
fallen ließen,
und sagte: „Genug geehrt!
Die wir zur Volksarmee gehören
leben doch dem Gebot,
jede Bresche zu schließen,
die unsere Heimat bedroht.
So hat es uns die Partei gelehrt.“
Hasso Grabner
Am 21.10.1911 in Leipzig geboren, Besuch der Mittelschule, Lehre als Buchhändler.
1929 Mitglied des KJVD, 1930 KPD-Mitglied. 1934 wurde er wegen der Teilnahme am antifaschistischen Widerstandskampf verhaftet und blieb bis 1938 im Zuchthaus Waldheim, danach bis 1940 KZ Buchenwald. 1942 kam er ins Strafbataillon 999. U. a. war er auf Korfu stationiert und arbeitete als Funker in Karousades. Dort half er griechischen Partisanen und warnte die Juden vor der Deportation. Er konnte der Erschießung entgehen, setzte sich in Sarajevo von der Truppe ab und kehrte über Österreich nach Leipzig zurück.
Er beteiligte sich am Aufbau der Jugendausschüsse und der FDJ und wurde 1946 SED-Mitglied. Er hatte wechselnde Tätigkeiten: Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, Regierungsrat in Sachsen, Hauptdirektor der VESTA (Vereinigung Volkseigener Stahlwerke), Werkleiter im VEB Guss Köthen, Leiter des Aufbaustabes des Kombinats Schwarze Pumpe, Personalchef im Konstruktions- und Ingenieurbüro Leipzig.
Von 1955 bis 1957 absolvierte er ein Fernstudium am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ und war seit 1958 freischaffender Schriftsteller.
Grabner wurde mehrmals mit Parteistrafen belegt, seit 1961 vom MfS überwacht und erhielt nach dem 11. Plenum 1965 ein vorübergehendes Berufsverbot.
Er war in zweiter Ehe mit der Schriftstellerin Sigrid Grabner verheiratet.
Er starb am 3. April 1976 in Werder.
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- Artikel-Nr.: SW9783965213081458270.1
- Artikelnummer SW9783965213081458270.1
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Autor
Hasso Grabner
- Wasserzeichen ja
- Verlag EDITION digital
- Seitenzahl 95
- Veröffentlichung 30.03.2021
- ISBN 9783965213081
- Wasserzeichen ja