Panzerschiff „Zeven Provincien“

Erzählung nach Tatsachen

Der Matrosengefreite der Königlich-Niederländischen Marine Mauritius Boshart von der „Zeven Provincien“ wird 1933 zu 16 Jahren Haft verurteilt, gefoltert und geschlagen, weil er gemeinsam mit Eingeborenen von Niederländisch-Indien einen Aufstand angezettelt haben soll. Der wahre Führer des Aufstandes war der indonesische Matrosengefreite Kawilaran. Aber das wollen die Herren nicht wahrhaben. Ein Eingeborener darf nicht das Offizierskorps Ihrer Majestät gedemütigt, ein Kolonialreich in Schrecken und die Welt in Staunen versetzt haben. Wenn dieser peinliche Vorfall schon geschehen ist, dann muss er wenigstens von einem Weißen, von einem... alles anzeigen expand_more

Der Matrosengefreite der Königlich-Niederländischen Marine Mauritius Boshart von der „Zeven Provincien“ wird 1933 zu 16 Jahren Haft verurteilt, gefoltert und geschlagen, weil er gemeinsam mit Eingeborenen von Niederländisch-Indien einen Aufstand angezettelt haben soll. Der wahre Führer des Aufstandes war der indonesische Matrosengefreite Kawilaran. Aber das wollen die Herren nicht wahrhaben. Ein Eingeborener darf nicht das Offizierskorps Ihrer Majestät gedemütigt, ein Kolonialreich in Schrecken und die Welt in Staunen versetzt haben. Wenn dieser peinliche Vorfall schon geschehen ist, dann muss er wenigstens von einem Weißen, von einem Angehörigen der höheren Rasse, verursacht worden sein. Anlass war die Senkung der schon viel zu niedrigen Heuer. Aber es ging um mehr: um die Unabhängigkeit des indonesischen Volkes, das in Freiheit selbst über seine Geschicke bestimmen wollte.



Ende des Jahres 1932 geraten die Matrosenmassen in Bewegung. Zweimal schon haben die Herren in Den Haag den Mannschaften die Löhne um fünf Prozent gekürzt, für den ersten Januar 1933 wird ein weiterer Abbau um sieben Prozent angekündigt. Daran, dass dieser Lohnraub Holländer und Indonesier gleichermaßen trifft, erkennen viele, wie eng verbunden ihre Interessen sind. An Bord der „Zeven Provincien“ sind sich Holländer und Indonesier schnell einig. Sie drängen die neue Gewerkschaftsführung in der Gubeng-Kaserne zu Maßnahmen. Da die Stimmung auf den anderen Schiffen ähnlich ist, muss die Leitung dem Druck nachgeben. Aber noch lehnt sie gemeinsame Aktionen mit dem Inländischen Marinebund ab.

Siebenhundert niederländische Gefreite und Matrosen demonstrieren am 29. Dezember singend durch Surabaja. Ihr Marsch endet in einem Versammlungslokal. Die Versammelten machen keinen Hehl daraus, dass sie den erneuten Lohnabbau nicht dulden werden. Die Gewerkschaftsführung bietet alles auf, um von Maßnahmen abzuraten, die sie als „unbesonnen“ bezeichnet. Anfänglich gelingt es ihr auch, den Matrosen einzureden, ein Protesttelegramm an Mijnheer Deckers, den Verteidigungsminister in Den Haag, sei auch eine scharfe und entschiedene Kampfmaßnahme. Darin „werden seine Exzellenz ehrerbietig, doch dringend ersucht, von der Lohnkürzung abzusehen“. Viele Matrosen sind unschlüssig. Hier und da hört man Stimmen unmissverständlich mit allgemeiner Dienstverweigerung drohen. Da ergreift Maud Boshart das Wort. Alle kennen ihren alten Vorsitzenden, sie wissen, er wird das Richtige vorschlagen.

Maud hat die Versammlung gut vorbereitet. Er sprach vorher mit Funktionären des Inländischen Marinebundes und schlug ihnen vor, zwei oder drei Kameraden zum Versammlungslokal zu delegieren, dort wollte er sich dafür einsetzen, dass sie zu den Versammelten sprechen dürften. Nun stehen die drei draußen und warten, hereingerufen zu werden. Mauds Worte sind deutlich. Mit Betteln werden wir nichts erreichen, sagt er. Die Herren sprechen die Sprache der Gewalt, sie verstehen nur diese. Die Gewerkschaftsführung wird zwischen zwei Stühlen sitzen, wenn sie das vergisst. Als Maud dann vorschlägt, den indonesischen Kameraden das Wort zu erteilen, erntet er stürmischen Beifall.

Der Inländische Marinebund hat gute Leute geschickt. Sie sprechen die einfache Sprache des Rechts. Der Versammlungsleitung helfen keine Winkelzüge. Die Versammlung beschließt mit gewaltiger Mehrheit, am 1. Januar auf einer gemeinsamen Versammlung mit dem Inländischen Marinebund zu beraten, wie der Anschlag der Reaktion abgewehrt werden kann.

Zwischen Batavia und ’s Gravenhage fliegen Funksprüche hin und her. Generalgouverneur De Jonge macht die Minister Colijn und Deckers auf den Ernst der Lage aufmerksam. Die Regierung Ruys de Beerenbrougk hat nicht lange Zeit zu beraten. Sie tut, was alle kapitalistischen Regierungen zu tun pflegen, wenn sie ihrer Sache nicht sicher sind: aufschieben, vertrösten, lügen. Am Morgen des 1. Januar kann der Ortskommandant von Surabaja verkünden, der Befehl, die Löhne zu kürzen, sei zurückgezogen. Die Gewerkschaftsleitung triumphiert: Sie hat einen großen „Erfolg“ errungen. Es gelingt ihr, die für den Abend angesetzte gemeinsame Versammlung abzusetzen. Die Bünde versammeln sich getrennt. Bei den Holländern herrscht Siegesstimmung, in der indonesischen Versammlung wird jedoch die Lage weitaus nüchterner eingeschätzt. Dort weiß man: Mit einem Telegramm allein kann der Kampf nicht gewonnen werden.

Während die Matrosen beider Hautfarben noch reden, hat der Ortskommandant schon alle strategischen Punkte in der Stadt und im Hafen mit schwerbewaffneten Offizierswachen besetzen lassen. Die Herren bereiten sich vor, auf die Art zu antworten, die sie für die allein wirksame halten.



Am 21.10.1911 in Leipzig geboren, Besuch der Mittelschule, Lehre als Buchhändler.

1929 Mitglied des KJVD, 1930 KPD-Mitglied. 1934 wurde er wegen der Teilnahme am antifaschistischen Widerstandskampf verhaftet und blieb bis 1938 im Zuchthaus Waldheim, danach bis 1940 KZ Buchenwald. 1942 kam er ins Strafbataillon 999. U. a. war er auf Korfu stationiert und arbeitete als Funker in Karousades. Dort half er griechischen Partisanen und warnte die Juden vor der Deportation. Er konnte der Erschießung entgehen, setzte sich in Sarajevo von der Truppe ab und kehrte über Österreich nach Leipzig zurück.

Er beteiligte sich am Aufbau der Jugendausschüsse und der FDJ und wurde 1946 SED-Mitglied. Er hatte wechselnde Tätigkeiten: Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks, Regierungsrat in Sachsen, Hauptdirektor der VESTA (Vereinigung Volkseigener Stahlwerke), Werkleiter im VEB Guss Köthen, Leiter des Aufbaustabes des Kombinats Schwarze Pumpe, Personalchef im Konstruktions- und Ingenieurbüro Leipzig.

Von 1955 bis 1957 absolvierte er ein Fernstudium am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ und war seit 1958 freischaffender Schriftsteller.

Grabner wurde mehrmals mit Parteistrafen belegt, seit 1961 vom MfS überwacht und erhielt nach dem 11. Plenum 1965 ein vorübergehendes Berufsverbot.

Er war in zweiter Ehe mit der Schriftstellerin Sigrid Grabner verheiratet.

Er starb am 3. April 1976 in Werder.

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