Glatz. Herrgottsländchen
Grafschaft Glatz 1921. In einem Waldstück bei Grunwald, unweit von Reinerz, wird eine Leiche gefunden. Wie sich herausstellt, handelt es sich um Sabine Hunfeld, die seit 1916 vermisste Tochter eines ortsbekannten Tabakwarenimporteurs. Franz Koschella, Leiter der erst im Vorjahr gegründeten Kriminalabteilung der Glatzer Polizei, deckt nach und nach Details zum damaligen Verschwinden der jungen Frau auf. Fünf Jahre lang hat jemand erfolgreich sämtliche Spuren verwischt. Schon bald nehmen die Ermittlungen eine unerwartete Wendung und Koschella erhält den Beinamen Rächer von Glatz. Zurecht? Hauptmann Wilhelm Klein trifft in der Grafschaft ein. Ihm bleibt wenig Zeit, um Koschella bei dessen wahnwitzigem Plan zu unterstützen ... oder ihn zu stoppen.
Wer hat bei Sabines Entführung die Fäden gezogen? Wie verzweigt ist das Netz der Machenschaften? Welche weiteren Geheimnisse verbirgt das von ihren Bewohnern liebevoll genannte Herrgottsländchen?
Tomasz Duszyński, 1976 geboren, arbeitete als Rundfunkjournalist und Drehbuchautor. Seit seinem Debüt im Jahr 2007 veröffentlichte er eine Vielzahl von Romanen, Kinderbüchern und Kurzgeschichten unterschiedlicher Genres. Seine historischen Kriminalromane der Glatz-Reihe wurden mit den wichtigsten polnischen Krimipreisen ausgezeichnet. 2024 erschien der erste Band auf Deutsch. Im selben Jahr erhielt der Autor auch die Ehrenbürgerschaft der titelgebenden niederschlesischen Stadt Kłodzko (dt. Glatz). Seit 2020 Direktor der Stadtbibliothek Strzelin und Organisator des dortigen Literaturfestivals.
Markus Schnabel, 1978, studierte in Wien und Krakau Slawistik und schrieb seine Abschlussarbeit über Kriminalliteratur aus Polen. Er ist Übersetzer, Verleger und Vermittler der aufstrebenden polnischen Krimiszene und lebt in Wien.
Rezension zu Band 1 - Erschienen im März 2024
Schlesische Schauder
Die schlesische Kleinstadt Glatz ist im Frühling 1920 eigentlich ziemlich verschlafen. Die Narben des Weltkrieges stecken allen noch in den Knochen, sexuelle Exzesse und Gewaltgelüste sind hier in der Provinz dennoch selten. Da entdeckt der örtliche Gymnasialdirektor eines Morgens die Leiche eines städtischen Würdenträgers, aufs Unwürdigste verstümmelt. Rasch kommt aus der Großstadt der kriegsversehrte Militärermittler Wilhelm Klein, der die örtlichen Behörden vor den Kopf stößt. Und das ist nur der Beginn eines schaurigen, überraschend launigen und dicht recherchierten Krimibestsellers aus Polen, zwischen dessen Zeilen kommende weltpolitische Katastrophen ihre Schatten vorauswerfen. (Magdalena Miedl, ORF Topos)
Nach "Glatz" (im März 2024 beim Jaron Verlag erschienen) liegt nun der zweite Band der fünfbändigen Serie in deutscher Übersetzung vor.
Im Jahr 1921 wird in einem Waldstück bei Reinerz eine verweste Leiche entdeckt. Schnell erkennt Kommissar Mott, um wen es sich handelt: Sabine Hunfeld, die 1916 entführt wurde und seitdem spurlos verschwunden war. Die Ermittlungen werden durch die politischen und gesellschaftlichen Verstrickungen erschwert. Die Polizei steht unter Druck, denn Sabines einflussreiche Stiefmutter Katherine fordert jetzt mit aller Macht Aufklärung und das öffentliche Interesse am Fall ist riesig.
Der Plot selber ist vielschichtig: Es geht um Machtkämpfe in den Bereichen Glücksspiel und Prostitution, um Korruption innerhalb der Polizei und um die Frage, wer wirklich hinter dem Verbrechen steckt. Zudem birgt die Familiengeschichte der Hunfelds einigen Zündstoff.
Der Roman pendelt räumlich zwischen Reinerz und Glatz, was zu Spannungen zwischen den Behörden führt. Die Figuren bleiben dabei teils undurchsichtig und ihre manchmal eigenwilligen Handlungen sind anfangs schwer nachzuvollziehen. Die Auflösung erklärt dann allerdings vieles und birgt Überraschungen.
Insgesamt ist "Glatz. Herrgottsländchen" ein düsterer, atmosphärisch dichter Kriminalroman, der die dunklen Seiten der 1920er Jahre in Schlesien eindrucksvoll abbildet. Die komplexen Figuren, die verschlungenen Handlungsstränge und die authentische Kulisse machen das Buch (und die ganze Serie) zu einem "Muss" für Fans von historischen Kriminalromanen.
Vieles ist im Roman düster, vermutlich einfach so wie auch die damalige Zeit.
Polnische Kriminalliteratur hat leider einen eher schweren Stand in Deutschland. Das ist sehr schade, denn Namen wie Marek Krajewski, Sczepan Twardoch, Katarzyna Bonda, Dorota Maslowska und auch Olga Tokarczuk ("Der Gesang der Fledermäuse") zeigten in den vergangenen Jahren die Vielfältigkeit und Qualität der dortigen Krimiszene auf. Oder jetzt eben Tomasz Duszynski!
(CK, geschrieben für den Hammett-Newsletter August 2025)
Zweiter Teil der preisgekrönten Glatz-Reihe
Im Polente Verlag mit Sitz in Wien ist soeben der zweite Teil der Glatz-Reihe erschienen, in dem es noch düsterer zugeht. Ja, das ist möglich. Die Geschichte pendelt zwischen den Städten Reinerz (heute Duszniki) und Glatz (heute Klodzko) hin und her, was zu kleineren Reibereien zwischen den polizeilichen Behörden führt. Man ist sich nicht ganz grün, zumal vor fünf Jahren ordentlich geschlampt wurde. Zunächst gehört die Szenerie Koschella, Hauptmann Klein betritt erst nach hundert Seiten die Bühne, da sitzt der Wachtmeister bereits im Gefängnis und kämpft um sein Überleben. Franz Armand hat dort das Sagen und selbst die Wärter wollen ihren Spaß und prügeln kräftig mit. Es geht wild her im Herrgottsländchen, wie die Glatzer ihre Gegend gern bezeichnen.
Man reibt sich verwundert die Augen, denn der Mord im Badehaus ist offensichtlich Fakt, Koschella ein Mörder. Aber was treibt ihn an, wie sind seine weiteren Pläne und worum geht es wirklich? Es geht (nicht nur) um die Vorherrschaft bei Glücksspiel und Prostitution. Irgendwer muss die Aktionen sprich Morde allerdings decken und Klein ahnt, wo dieser unbekannte Jemand zu finden sein muss: Bei der Polizei in Reinerz oder Glatz und dort an herausgehobener Stelle.
Es ist ein düster gehaltener Plot, bei dem nur selten zwischen Gut und Böse unterschieden werden kann, da nicht zuletzt mehrere Polizisten ihr kriminelles Süppchen kochen. Man muss aufmerksam lesen, denn gelegentlich folgen wichtige Hinweise eher beiläufig. Etliche Wendungen sowie die stetig steigende Zahl von Menschen, die keines natürlichen Todes sterben, halten den Spannungsbogen konstant hoch. Deren genaue Anzahl vermag man am Ende nicht zu nennen. Ebenso unklar bleibt die Figur des Wilhelm Klein, der kaum greifbar ist. Wohl ein genialer Ermittler, aber viel mehr erfährt man nicht über ihn. Vieles bleibt vor allem beim persönlichen Hintergrund im Ungefähren und wird womöglich im dritten Teil "Glatz – Rübezahl" aufgeklärt, der für Mitte 2026 in Vorbereitung ist. Gute und zu Recht preisgekrönte Krimikost aus Polen!
Autor: Tomasz Duszynski
Titel: Glatz. Herrgottsländchen
Originaltitel: Glatz – Kraj pana boga Aus dem Polnischen übersetzt von Markus Schnabel
Verlag: Polente
Umfang: 368 Seiten
Einband: Taschenbuch
Erschienen: Juni 2025
ISBN: 978-3-9505744-1-8
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- Artikel-Nr.: SW9783950574432110164