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Detektei Rote Socke, Band 3

Gestatten Sie: Mein Name ist Mildred Sox, Diplom-Kriminalistin. Wenn Sie den von mir gelösten Kriminalfall Gudow in JANUSGESICHTER oder EIN MÖRDERISCHER DREH gelesen haben, dann kennen Sie ja meine bisherige Lebensgeschichte. Ich bin also diejenige, die aufgrund besonderer Lebensumstände aus dem Polizeidienst gefeuert wurde und demzufolge geradezu eine Privatdetektei gründen musste. Die vorliegende Story vom Rentner Fyerabend ist kein Kriminalfall im eigentlichen Sinne. Zugegeben – ich konnte diesen Fall nicht aus eigener Kraft beenden. Aber es handelte sich auch um eine Ausnahmesituation, die ich keinem Kollegen wünsche. Der Täter war auf einen... alles anzeigen expand_more

Gestatten Sie: Mein Name ist Mildred Sox, Diplom-Kriminalistin. Wenn Sie den von mir gelösten Kriminalfall Gudow in JANUSGESICHTER oder EIN MÖRDERISCHER DREH gelesen haben, dann kennen Sie ja meine bisherige Lebensgeschichte. Ich bin also diejenige, die aufgrund besonderer Lebensumstände aus dem Polizeidienst gefeuert wurde und demzufolge geradezu eine Privatdetektei gründen musste. Die vorliegende Story vom Rentner Fyerabend ist kein Kriminalfall im eigentlichen Sinne. Zugegeben – ich konnte diesen Fall nicht aus eigener Kraft beenden. Aber es handelte sich auch um eine Ausnahmesituation, die ich keinem Kollegen wünsche. Der Täter war auf einen Rollstuhl angewiesen, schwer bewaffnet und führte einen abgerichteten Schäferhund mit sich. Auf engstem Raum trafen der ehemalige ‘Küchenbulle’ (65), der aus Hamburg ‘geliehene’ Dr. Kruse (45) und eine etwas naive ’Sekretärin’ des Amtsleiters aufeinander. Letztere spielte ich ganz intuitiv, weil ich mir dadurch bessere Chancen für die Überwältigung des Erpressers erhoffte. Trotz des Ernstes einer Geiselnahme mit SEK u. a. Begleiterscheinungen, blieben komische Momente nicht ausgespart - der Schluss hielt auch für mich eine überraschende Wendung bereit.



Ich schluchzte und beschwor erneut meine schwachen Nerven. Dabei ließ ich Fyerabend und seinen Kaukasischen Schäferhund keine Sekunde aus den Augen. Eine echte Chance - und ich würde handeln. Ich erwog gar nicht erst die Gefahr, dass ein gezielter Handkantenschlag von mir für Fyerabend tödlich sein konnte. Dessen Leben zu schonen, falls ich zum Zuge kommen würde - kein Gedanke daran! Um so lauter jammerte ich jetzt, in diese Geiselnahme geraten zu sein.

„Nun reißen Sie sich doch mal zusammen, Fräulein Holzmauser!“

Als Karsten Kruse die erschrockenen Augen der vorgeblichen Sekretärin sah, schien er sich einen Ruck zu geben. So weit also sind ihre Nerven bereits am Ende, signalisierte sein Mienenspiel.

Fyerabend blickte auf seine Armbanduhr und sagte unbeeindruckt: „Ich zähle jetzt bis drei ...“

Dr. Kruse hatte sich wieder gefangen. „Lassen Sie uns vernünftig miteinander reden, Herr Fyerabend. Sie stehen doch auch mit beiden Beinen im Leben ...“ Er stockte. „Verzeihung. Das ist mir so rausgerutscht. Eine Gedankenlosigkeit.“

Fyerabend winkte verächtlich ab. „Ein Doktor – aber erst reden und dann denken als solches!“

„Sie haben gewiss alles durchdacht - reden Sie also – ich höre Ihnen gerne zu!“ Kruse verschränkte die Arme vor der Brust. Es galt Zeit zu schinden. „Na los! Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, Herr Fyerabend.“

„Euch Wessis ist unsere ostdeutsche Redseligkeit wohl verdammt angenehm, was? Euer nachsichtiges Lächeln. In den Talk-Shows. Wenn prominente Ossis sich nicht entblöden, vor euch die Hosen runterzulassen! Ihre Widerstands-Wehwehchen als solches! Die allmächtige Partei habe sie gezwungen, den Sozialismus mitzugestalten! Keinen Arsch drin in der Hose haben die ...“

„Herr Fyerabend!“, rief ich scheinbar pikiert. „Mich hat niemand gezwungen, dass Sie es nur wissen!“

„Reden! Reden! Reden!“ Heinz-Herbert Fyerabend verschluckte sich und hustete. „Immer sollen die Ossis reden. Dann müsst ihr nämlich keine Fragen nach euerem Versagen in den vergangenen vierzig Jahren beantworten: eure Schule. Die Personalchefs. Der Hausbesitzer. Eure Partei-Karrieren. Das Katzbuckeln vor irgendwelchen Obrigkeiten ...“

„Ich katzbuckele vor niemandem! Ich nicht, Herr Fyerabend!“, setzte Dr. Kruse sich zur Wehr. Von so einem Desperado ließ er sich nicht den moralischen Schneid abkaufen!



Hans-Ulrich Lüdemann (Pseudonym John U. Brownman mit Co-Autor Hans Bräunlich) wurde am 4. Oktober 1943 in Greifswald geboren. Nach dem Abitur folgte ein Studium der Sportwissenschaften, Psychologie, Pädagogik und Germanistik an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität im vorpommerschen Greifswald.

Von 1966 bis 1969 arbeitete er beim Verlag Junge Welt Berlin. Danach war er freischaffend tätig als Journalist, TV-Kameramann und Schriftsteller.

1977 erlitt Hans-Ulrich Lüdemann einen Unfall als Reservist während seiner NVA-Wehrpflicht, der ihn zeitlebens in den Rollstuhl zwingt.

Er ist Autor von 20 Hörspielen für Kinder und Erwachsene, desgleichen sind 26 Buchtitel von ihm erschienen. Als wichtigstes Werk gilt sein autobiographisch geprägter Roman Der weiße Stuhl. Hans-Ulrich Lüdemann hat sich auch als Szenarist von TV-Filmen ausgewiesen. Schreiben ist für ihn Therapie. Seiner physischen und psychischen Stärkung dienten seit 1992 über zwei Dutzend Aufenthalte in Dänemark, Reisen nach San Francisco, Zypern, Toronto, Guernsey, Kapstadt, Florida, Dubai, Sydney und Singapur ...

Glückliche Rollstuhl-Tage in Kalifornien fanden ihren Niederschlag in San Francisco and so on Happy Rolliday I. Ein Reise-Essay zu Südafrika trägt den Titel Kapstadt und so weiter Happy Rolliday II. Das dritte Buch über eine Reise im Oktober 2002 mit dem Titel Florida and so on Happy Rolliday III erschien Januar 2005. Ein viertes Reise-Essay Dubai-Sydney-Singapur und so weiter Happy Rolliday IV schloss 2005 die Reihe Happy Rolliday ab.

Die Gesamtauflage seiner Bücher beträgt nahezu eine Million Exemplare.

Mitgliedschaften: SV der DDR 1974, VS 1990; IG Medien 1990.

1973 Hörspielpreis des DDR-Rundfunks, 1977 Kunstpreis des DTSB, 1982 Preis für Kinder- und Jugendliteratur des Kulturministeriums der DDR.

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