Das Zwischenspiel
Deutsche Revue von 1918 bis 1933
Ein scharfer Blick auf die deutsche Zwischenkriegszeit – satirisch, poetisch, politisch.
Das Zwischenspiel versammelt Erich Weinerts bissige, poetische Momentaufnahmen aus den Jahren 1918 bis 1933 – einer Zeit des Umbruchs, der Krisen, der ideologischen Kämpfe. Mit präzisem Sprachwitz, sarkastischer Beobachtungsgabe und unerschütterlicher Haltung entlarvt Weinert das politische und gesellschaftliche Treiben der Weimarer Republik: Von Spießern, Opportunisten, Militaristen und Mitläufern über die Träume und Desillusionen der Arbeiter bis hin zur bitteren Ironie des Alltags.
Diese fast 400 Texte sind Kabarett in Versform – klug, scharf, oft komisch und zugleich erschütternd aktuell. Weinert war nicht nur ein Dichter, sondern ein Chronist seiner Zeit – kämpferisch, zornig, satirisch. Das Zwischenspiel ist ein literarisches Dokument des Widerstands gegen das Vergessen – und ein Mahnmal gegen Gleichgültigkeit.
DER AKADEM
REPUBLIKANISCHER ABEND
VON ALLERHAND TIEREN
DAS GERETTETE SYMBOL
LIEBER GOTT SPIELEN
DIE BERGEVERSETZER
GESANG DER ALTEN SKLAVEN
DER SPATZ
NACHTGESPRÄCH IM INDUSTRIEMUSEUM
DAS MENSCHOID
DER GOTTESGNADENHECHT
DER PHILOSOPHENKONGRESS
DER VERLIEBTE PYTHAGORAS
DIE STEHENGEBLIEBENE UHR
ZERSTÖRTES LIEBESGLÜCK
DAS FELD-, WALD- UND WIESENKABARETT
DAS FAMILIENKABARETT
DAS HURRAKABARETT
DIE OKKULTISTEN
GEIST UND STOFF
ELEGIE EINES MILITÄRANWARTERS
SOZIALDEMOKRATISCHES MAILIEDCHEN
SÄCHSISCHE SPERLINGS-MARSEILLAISE
DAS BESEELTE THERMOMETER
DAS ANTISEMEETING
DAS ATOM
GUSSEISERNES SONETT
TRAGISCHE GESCHICHTE
DER JOURNALIST
DIE HELLSEHSITZUNG
DIE DEUTSCHE REPUBLIK
DIE GROSSE ZEIT
„DEUTSCHE TAGE“
HAARMANN*
LIEDCHEN FÜR DEN VERFASSUNGSTAG
DER GEIST VON POTSDAM
BERLIN MUSS SEINEN STIERKAMPF HABEN
DIE DEUTSCHE SCHMACH
DER ÜBERUNKE
DER NOVIZE
EINHEITSVOLKSLIED
DIE WINTERFLIEGE
DER SITTENZENSOR
DIE KLINGEL
DER MUTTERWITZ
MONDORGELMALZKAFFEEROMANTIK
ZEITGENOSSEN
DIE STIMMUNGSKANONE
BADEMECUM
DER NEUE HIERONYMUS
DER KRIEGERVEREIN FEIERT DENKMALSWEIHE
DAS PASTEURISIERTE FREUDENHAUS
DER HERR OBERLEHRER
DER FIVE O’CLOCK
RASSENCHEMIE
EIN NEUER VEREIN
MORGEN NACH DEM HEILIGABEND
PRINZ KARNEVALS SCHERZARTIKELBUDE
FÜRSTENAUFWERTUNG
DEUTSCHE WALPURGISNACHT
„REDEN AN DIE DEUTSCHE NATION“*
DAS TELTOWER KÖNIGSSCHIESSEN
GESANG DES BARDEN DER REPUBLIK
ZITZEWITZE
LUSTBARKEITSGESETZ
SO WAR DAS NICHT GEMEINT
AN DIE SOLDATEN DER FREIHEIT
ACHTUNG! DER PLUMPSACK GEHT UM!
1914-1925
HERR STRESEMANN*
DAS GLÜCK VON WILDBAD
AMNESTIE
DER ROTE FEUERWEHRMANN
BEI DICHTERS
KRONPRINZESSINNENBESUCH IN BANZIN
AUSGERECHNET DIE SIEGESALLEE!
NATIONALES LICHTSPIEL
SONNTAGSFRIEDEN BEI HACKEBORNS
OBERLEHRERS SONNTAGNACHMITTAG
DER BUTTEN-REVOLUTIONÄR
HERRN HUBERMAIERS HINDENBURG-ERLEBNIS
WALTER KORNFRANK
FESTPROLOG
DER STAMMTISCH
1926er PERSPEKTIVE
KARNEVALS PARADE 1926
STUDENTEN
ZUM ERSTEN MAI
DIE MORAL VON DER MORAL
ES SPUKT AM BRANDENBURGER TOR
WILHELMS II. SANG AN DEUTSCHLAND
WIENER SPEZIALITÄTEN
DER GRAF VON GELDERN
DAS EVANGELIUM IM URWALD
JEDER ANSTÄNDIGE DEUTSCHE BLEIBE ZU HAUSE
DIE BEGEHRLICHE MASSE
HINDENBURG BESUCHT EINE SCHÜTZENGILDE
FLAGGENMELANGE
DIE VIERTE INTERNATIONALE
BISCHÖFLICHE SORGEN
DER EINSAME
ES KAISERT!
DER DIPLOMATENFRACK
LITERARISCHE PORTRÄTS I
GERMERSHEIM
DIE DEMENTIERTE REPUBLIK
KALTER SOMMER
NACHSAISON
„WENN DIE SOLDATEN …“
DER DUCE AUF DER JAGD NACH ATTENTATEN
LANDSBERG
FEMEMORDSCHNUPPEREI
FÜRSTENAUFWERTUNGS-SONDERGERICHT
NUR NICHT KLEINLICH
SCHWARZ-WEISS-ROTKOHL
RICHTER UNTER SICH
DER REPUBLIK ZUM ACHTEN GEBURTSTAG!
MINISTERWEIHNACHT
SAISONBEGINN
WELTREKORDE
WOHLTÄTER
DIE HERREN GENOSSEN
GEOGRAFIE
SPEZIALISTEN
JOURNALISTEN
ANONYME GRABSCHRIFTEN
SPAZIERGANG MIT VIKTOR VON SCHEFFEL
DER AKADEMOKRAT
ABTEIL DRITTER KLASSE
RAT AN DICHTER IM MAI
SOMMERKABARETT
SOMMERFRISCHLER
SOMMERSONNTAG AM WANNSEE
AUTORENABEND IN BERLIN W
DER EWIGE WANDERVOGEL
SCHRIMMS GEHEN ZUR POLIZEIAUSSTELLUNG
DUISBURGER BILDERSTÜRMER
PRINZENVISITE IM HAAG
DIE INTERNATIONALE DER GROSS-SCHIEBER
SEHR RICHTIG
WILHELM ALS PRIVATMANN
DIE SCHUND- UND SCHMUTZNASE*
BALLADE VOM RITTER SELDTE*
DER REICHSANWALT GREIFT EIN
DER MARSCH AUF BERLIN
VOM BADISCHEN HOFE
WIENER BLUT
WIENER SCHEIBENSCHIESSEN
WIENER RUHESTIFTER
ZWEIERLEI SOZIALISTEN
IN BOSTON SPUKT’S
DIE ABRÜSTER
REPUBLIKANISCHE RANGORDNUNG
KISSINGER KAISERTAGE
GENFER KAUDERWELSCH
DER HEIMLICHE AUFMARSCH
DIKTATOREN
DEUTSCHE DICHTERGESELLSCHAFT
MOMENTAN NICHT GEFRAGT!
FÜNFZIGTAUSEND ZU VIEL
PROFIT NEUJAHR!
BAYREUTH
KRIEGER IN BERLIN
DER VERGLEICHSBANNERMANN
BERLINER FASCHING
DER BRAVE UNTERTAN
DER AMATEURJOURNALIST
DIE PLATTFORMISTEN
DAS PARLAMENT
DER HINDENBURGER
DER ALTE FRITZ
GRÜNE WOCHE
DIE HEIMKEHR DES M.d.R.*
SONNTAG DER UNPOLITISCHEN
DIE HERRENPARTIE
DAS GERETTETE WOCHENENDIDYLL
KLEINER KURORT
WAHLTAG
DER DISKUSSIONSAPOSTEL
MEIN STAATSANWALT
WOHLTÄTIGKEITSFESTE
LEHRFREIHEIT
DIE HERREN DER WELT
DER AUFGEBLASENE MUSSOLINI
JAKUBOWSKY
ALBERT THOMAS
DAS GLÜCK VON ALBANIEN
FEMESOLDATENLIED
AN DIE ARMEEN EUROPAS
DER KATHOLISCHE NORDPOL
AM 15. JULI 1928
DER GEIST DES 4. AUGUST 1914
ODE AN DIE REPUBLIK
WER TRÄGT DIE SCHULD?
MÜLLER* IN GENF
LITERARISCHE PORTRÄTS II
WAS BLASEN DIE TROMPETEN …
GENFER FRÜHSTÜCK
VERFASSUNGSFEIER
HERBST
DAS LIED VON DER ROTEN FAHNE
DER RICHTER VON SCHWEINFURT
PARLAMENTARISCHER BOCKBIERABEND
WAHLKAMPF
EIN MODERNER DIOGENES IM KABINETT DER KÖPFE
AN EINEN GENOSSEN
PROLETARIER-NEUJAHR
DER SCHNELLRICHTER
LÄCHELMANN
DIE TUNTEN MARSCHIEREN
GRUSS AUS MÜNCHEN
EIN DEUTSCHER VEREIN
NOSKE TRÄUMT
PROLET UND BONZE
KEIN UNTERSCHIEDLICHES MILIEU
EIN TEURES ANDENKEN
LESEBUCHGEDICHT
AUF EIN BILD VOM VOLKSTRAUERTAG
FÜR UNSER GELD
DER GUTE HERR JORNS*
WIE HETZE ICH ERFOLGREICH?
GESANG DER ROTATIONSMASCHINEN
DER DICHTERRICHTER
DIE REICHSWEHRLAKAIEN
„IN WÜRDIGEM RAHMEN!“
DAS WUNDER VOM 1. MAI 1929
GROSSE ANFRAGE
GUSTAV KULKES SELIGES ENDE
DIE OBER-SITTLICHKEITS-POSTBEHÖRDE
DER VERBINDUNGSMANN
WAS HEISST KORRUPT?
DER KÖNIGLICHE BESUCH
SELBSTGESPRÄCH EINES OBERBÜRGERMEISTERS* IM SPEISEWAGEN
IMMER MIT DIE RUHE!
DIE SCHREIBKÄMPFER
NIEDERTRÄCHTIGE ZWISCHENRUFE IN DEM ANTIKRIEGSAUFRUF DER SPD
AUF EIN BILD: ALS DER BÖß AUF UNSERE KOSTEN
DEN WALKER IN NEUYORK BESUCHTE …
RÄUBER UND RAUBRITTER
DAS ALTE MILITÄRPFERD
AN DIE YOUNG-PLAN-PROTESTIERER
DER PORZELLANHÄNDLER
GESSLER* GEHT
KRIEGSAUSBRUCH
STÖRT DEN FRIEDLICHEN AUFBAU NICHT!
VERKEHRSHINDERNISSE
STADTBAHNBOGEN 314
AUF DAS PORTRÄT EINES JAPANISCHEN
GENERALS AUSSER DIENST
WERBEWAHN
LEIPZIGER SÄNGERSTAMMTISCH
GESELLIGKEITSVEREIN „MOOSRÖSCHEN“
GEHT ZUR REDOUTE
HERR CHEFREDAKTEUR SPRICHT ZUM STABE
VOLKSTRAUERTAG
DER PREUßISCHE WALD
RESLS* GLÜCK UND ENDE
LE BON BOURGEOIS
DER NEUE STERN
DER HERR POLIZEIPRÄSIDENT AMÜSIERT SICH
MACDONALDS VÖLKERBEFREIUNG
DIE KRANKENKASSE
15. JANUAR 1919
LIED DER PFLASTERSTEINE
BOCKBIERRUMMEL IN DER WILHELMSTRASSE
DIE ÜBERRASCHUNG
ALT-HEIDELBERG
MAIENFAHRT NACH BERLIN
WER HAT BEGEHR?
NAZIPASTOR MÜNCHMEYER
ES KANN LOSGEHEN!
IN WIEN HERRSCHT ORDNUNG
DER HUMANE STRAFVOLLZUGSARZT
DIE HINTERMÄNNER
DAS LIED VON DER RATIONALISIERUNG
DER HELD VON PLÖTZENSEE
DIE NEUE GARNITUR
STAATSPARTEI
DER HUNGERMARSCH
ES WIRD DURCHGEGRIFFEN
WEHRKUNST
EINER MACHT SICH POPULÄR
DAS LIED VOM ABBAU
SO MUSS ES KOMMEN
DIE LETZTE RETTUNG
MÄNNERSTOLZ
ARBEITSLOSE
NOVEMBER
KIND AUF DEM WEIHNACHTSMARKT
SEVERING TRÄUMT
WACHTMEISTER SCHURIG ZUM RAPPORT
POTSDAMER AMAZONENPARADE
HELDEN DER ZEIT
WAS SIE BEIM NÄCHSTEN KRIEGSAUSBRUCH DICHTEN WERDEN!
MOLLE GEHT MAIFEIERN
DIE MÖRDERGRUBE
FERIENTAG EINES UNPOLITISCHEN
GESANG DER EDELLATSCHER
ARBEITSLOSE ERSTER KLASSE
KORPS IN WICHS
El, WARUM? El, DARUM
ERZWINGT DIE AMNESTIE!
AN DIE GEISTESARBEITER
DER KRIEGSBLINDE SITZT AM STRASSENRAND UND SINGT
WAS SAGT IHR ZU § 218?
SCHEIDEMANN SPRICHT
ALLE FÜR ALLE
SCHNELLGERICHT
§ 253
DIE COMMUNE VON PARIS
DA MUSS ERST EIN PRINZ KOMMEN!
SPORTKLUB GROENER
BALLADE VOM YOUNG-PLAN
EXMITTIERT
DREIZEHNHUNDERT!
HERR ECKENER
DIE HEILIGE THERESE AUF DEM EISBRECHER
HEILIGE HEIMAT
HELFT CHINA!
LANDBUNDITEN
DIE NEUTRALEN
FRAU GOEBBELS BEI CÄCILIE
GUT GEBRÜLLT, LÖBE!
DEVAHEIMLICHES GEBET
SCHUNDFUNK
AUCH EINE NOTVERORDNUNG
ALLTÄGLICHE BALLADE
TSCHIANG KAI-SCHEK
EINE TREUE GEFOLGSCHAFT
ALTER BETTLER
UNTERSUCHUNGSMETHODEN
JAGOW
DAS NATIONALTHEATER
WAFFENSTILLSTANDSTAG
24 ZENTNER LACHEN!
FRÜHLINGSSCHREI AM KURFÜRSTENDAMM
DER PIKANTE PROZESS
EINE FÜR DIE ANDERE
DIE SCHUPO MACHT PLATZKONZERT
DER ZAUBERER AUS MATJIBIMBA
DER GUTE RICHTER
JUSTIZ IN AMERIKA
MATUSCHKA
HELLES LIED AUS DEM DUNKLEN HOF
KRIEGSVERRÄTER
DIE LUMPENSAMMLERIN
DAS TEILZAHLUNGSSYSTEM
SELBSTGESPRÄCH
DER BAUER
EINE ZÜNDHOLZSCHACHTEL ERZÄHLT
EIN ÜBEREILTER SCHRITT
„MIT AUSNAHME DER KOMMUNISTEN“
DER GROSSE FLICKLAPPEN
DEUTSCHE SITTLICHKEIT
DIE KANONENINTERNATIONALE
MAN FÜHLT SICH WIEDER
GUTER RAT AN DIE SA
TAKT
ECKERNFÖRDE
DIE BITTSTELLER
DR. FEDER SAGT VON DER NSDAP:
GOTTGEWOLLTE ORDNUNG
SA-UNIFORM
RUNDFUNK
RESTAURATIONSBETRIEB ERÖFFNET
WER IST DER NÄCHSTE?
„IM NAMEN DES TEUFELS“
FREIHEITSGEBRÜLL IM RADIO
EIN GEWERKSCHAFTSFÜHRER
DIE KASERNE WINKT
DIE STAATSMEDAILLE
EIN SCHÖNER CHARAKTERZUG
DAS HOHEITSKABINETT
ANSPRACHE IM NOVEMBER
EIN WORT INS OHR
ALLES FÜR DEIN GELD!
WIE SOLL MAN DAS SONST VERSTEHEN?
ADVENT
DIE UNERBITTLICHEN
DER STURM AUF BERLIN
DIE „ROTE FAHNE” SPRICHT
BALLADE VON DER GEBROCHENEN ZINSKNECHTSCHAFT
DIE VIELBEGEHRTE REPUBLIK
EINES NACHTS
DER FALLT HIER JARNICH MEHR UFF!
REICHSBANNERKAMERADEN
DER KAKTUSVEREIN
MÜNCHEN IN BERLIN
HELLSEHEREI
EIN OCHSE MELDET SICH ZUM WORT
ZILLE ZUM SIEBZIGSTEN
SCHANHAIKWAN
FALL HENTSCH
EIN AUFBAUWILLIGER FILM
NOCH KEIN ANLASS
DIE STIMME IM LUXUSZUG
LANDSTREICHER
DAS LIED VOM ROTEN PFEFFER
HINDENBURG BESUCHT EINE SCHÜTZENGILDE
1926
Acht Tage lang war man beim Bürsten und Bügeln,
Denn unser Hindenburg, der ist da!
Man exerzierte mit Schießbudenprügeln
Und halbverlerntem Kaiserhurra.
Er naht. Es beben die Schützenvereine,
Mit Schießscheibenhonig im Vorkriegsgehirn.
Es klappern die Veteranengebeine
Vor der ehernen Generalfeldwebelstirn.
Ein Präsentiergriff mit Vogelflinten.
Da rasselt die ganze Biermarkenpracht.
Im selben Moment werden weiter hinten
Zylinderhüte in Stellung gebracht.
Er redet drei Worte, schwer und graniten,
Vom glorreichen Einst und glorarmen Jetzt.
Vom Rhein und vom festen Zusammenkitten.
Dem Schießkommandeur ist der Atem versetzt.
Der hatte sich innerlich festlich gesammelt,
Doch leider fiel ihm der Anfang nicht ein.
Und eh’ er ein Wort des Dankes gestammelt,
Ist Exzellenz schon beim nächsten Verein.
Rasch wird noch einmal mit einem knalligen
Geräusch mit den Sonntagshacken geklappt.
Ein Schauer geht durch die Schießmedaillen.
Man hat eine große Minute gehabt!
FLAGGENMELANGE
1926
Nachdem das Republiksymbol
Von Luther feierlich verhunzt ward,
Da lieferte des Reiches Kunstwart
Schwarz-weiß-rot-goldnen Sauerkohl.
Und massenweis entwarfen die
Geprüften Kunstgewerbeschuster
Heraldische Tapetenmuster
Für Republik und Monarchie.
Was da im deutschen Winde weht,
Verrührte man zur Einheitsfahne;
Man tunkte ein E.K. in Sahne
Und hat es mittendraufgenäht.
So tat man allen Seiten wohl:
Halbiert, geschrägt, gesäumt, mit, ohne
E.K. und Gösch und Aar und Krone,
Ein gutdurchmanschtes Staatssymbol.
Wir haben wieder was vollbracht,
Ein Glanzstück deutscher Problematik,
Gesinnungsmus in Fahnenbatik!
Wenn da die ganze Welt nicht lacht!
DIE VIERTE INTERNATIONALE
1926
Es sprach im überfüllten Saal
Der Jungdo-Ordensgeneral
Mahraun*.
Er brüllte: Völkisch ist ein Mist!
Im Herzen bin ich Kommunist!
Der Clown!
So rettet sich vorm Haftbefehle
Die brave Seele.
Er sprach in teutschem Überschwang
Ein Manuskript, zehn Seiten lang.
Ca va!
Man sagte ihm verschiednes nach,
So er mit Sauerwein** besprach.
Aha!
Er wollte ihn privatim schmieden,
Den Völkerfrieden.
Es ist bekannt von alters her:
Wer nicht mehr kann, der kann nicht mehr.
Man sieht:
Die alte Plattform wird zu klein;
Mein Vaterland muss größer sein!
Das zieht!
Und kann man Frankreich nicht besiegen,
Muss man sich fügen.
Und außerdem und überdies:
Es gibt noch Männer in Paris
Mit Geist!
Was heißt hier Erbfeind, was Semit?
Ein Deutscher ist Kosmopolit,
Das heißt,
Dass man sich auch durch Kompromisse
Befruchten müsse.
Als nun geendet Herr Mahraun,
Begann man, solches zu verdaun
Und schwur:
Wir folgen unserm General
Und werden international
Und nur!
Die vierte Internationale
Erscholl im Saale.
Man gab sich einen mächt'gen Schubs.
Was brauchen wir noch Friedensklubs?
Tableau!
Es ist kein Grund, sich zu verhaun.
Locarnopakte schlägt Mahraun
K.o.
Und Sauerwein, in puncti puncto,
Singt: Vive le Jungdo!
* Der Führer des Jungdeutschen Ordens (Jungdo) Mahraun – einer der zahlreichen geschäftigen und geschäftstüchtigen „demokratischen“ Politiker der Weimarer Republik.
** Sauerwein – außenpolitischer Chefredakteur des „Matin“, oft Sprachrohr der französischen Regierungspolitik.
Erich Weinert (1890–1953) war ein deutscher Schriftsteller, Satiriker und politischer Lyriker. Geboren in Magdeburg, wurde er früh durch seinen sozialdemokratisch gesinnten Vater geprägt. Nach einer Ausbildung als Zeichenlehrer diente er im Ersten Weltkrieg und wandte sich danach künstlerischen und politischen Themen zu.
In den 1920er-Jahren machte er sich mit beißend satirischen Gedichten und Kabaretttexten einen Namen. Er war eng mit der kommunistischen Bewegung verbunden, trat 1929 der KPD bei und schrieb für die Rote Fahne. Seine Zusammenarbeit mit Hanns Eisler und Ernst Busch brachte Lieder hervor, die bis heute bekannt sind, etwa Der heimliche Aufmarsch.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging Weinert ins Exil, zunächst nach Paris, dann in die Sowjetunion. Er schloss sich den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg an und war später in Moskau als antifaschistischer Propagandist tätig. 1943 wurde er Präsident des Nationalkomitees Freies Deutschland.
Nach dem Krieg kehrte er schwer erkrankt nach Ost-Berlin zurück und engagierte sich für den kulturellen Wiederaufbau. Neben seinen eigenen Werken veröffentlichte er Übertragungen ukrainischer Dichter wie Schewtschenko und Franko. Er starb 1953 und wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin beigesetzt.
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- Artikel-Nr.: SW9783689124991458270.1
- Artikelnummer SW9783689124991458270.1
-
Autor
Erich Weinert
- Wasserzeichen ja
- Verlag EDITION digital
- Seitenzahl 1327
- Veröffentlichung 20.05.2025
- ISBN 9783689124991
- Barrierefreiheit Aktuell liegen noch keine Informationen vor
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