Das alte Wagnis des Gedichts

Zwei Essays

Zwei Essays von Oskar Loerke: Das alte Wagnis des Gedichts und Vom Reimen. "Wenn zur Unzeit ein Lyriker es wagt, mit seiner Kunst vor seine Tür oder, wie die literarischen Leichenbitter voreilig sagen würden, vor sein Grab zu treten, so tun die Vorübergehenden, als bemerkten sie ihn nicht, und manche beschleunigen ihren Schritt. Er findet im Lande höchstens ein paar Tausendschaften von Geduldigen, die ihn anhören. Und die ihm anhangen unter den Millionen, zählen vielleicht nur nach Hunderten. Scheint ausnahmsweise die Wirkung eines Lyrikers in die Breite zu reichen, so erkennt der Kundige bald, daß die werbende Kraft nicht vom... alles anzeigen expand_more

Zwei Essays von Oskar Loerke: Das alte Wagnis des Gedichts und Vom Reimen.



"Wenn zur Unzeit ein Lyriker es wagt, mit seiner Kunst vor seine Tür oder, wie die literarischen Leichenbitter voreilig sagen würden, vor sein Grab zu treten, so tun die Vorübergehenden, als bemerkten sie ihn nicht, und manche beschleunigen ihren Schritt. Er findet im Lande höchstens ein paar Tausendschaften von Geduldigen, die ihn anhören. Und die ihm anhangen unter den Millionen, zählen vielleicht nur nach Hunderten. Scheint ausnahmsweise die Wirkung eines Lyrikers in die Breite zu reichen, so erkennt der Kundige bald, daß die werbende Kraft nicht vom Künstlerischen ausging, sondern von außerkünstlerischen Suggestionen, etwa von einer ethischen Überzeugung, einer sozialen Lehre, einer artistischen Predigt. Der dichterische Schwung hatte gleichsam Henkel für Schwunglose. Wir wollen harte Tatsachen hart betrachten, wir wollen nicht leichtherzig und gutartig leugnen, was ist." (aus: Das alte Wagnis des Gedichts)



"Immer noch, wenn ich lese, der Reim sei ein Schmuck des Gedichtes, werde ich schweigsam in mir. Gern umkreist von diesem heutigen Leben der feurig-kühnen und wohlig-jungen Geschwindigkeiten, des flirrenden Lärms und des angespannten Aufbruchs der Naturkräfte in eine ungedemütigte Dienstbarkeit, seufze ich wohl und merke es nicht, seufze hinüber in jenes andere Leben des freien Seelenhauchs: wie fern, wie fern! Unnütz leuchtet es her wie Sonnenflecke im unbetretenen Walde, unnütz hallt es darin von Untergängen, die nur der Schlafwandler nicht flieht, und von Rettungen, deren kein Tüchtiger bedarf. Aber schon holt der Gesang auf, wird stolz und weltwissend, schon kräftigt sich das Licht bis zur Blendung und überrinnt auch die schleunige Arbeit der Ätherwellen, der Ölgase, der chemischen Alchimie." (aus: Vom Reimen)

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