Die Heldenreise – Struktur eines Abenteuers

Das Abenteuermotiv ist ein elementarer Bestandteil vieler Science-Fiction- und Fantasy-Storys. Erreicht werden abenteuerliche Handlungsbögen meist durch die sogenannte Quest oder Suchfahrt. Strukturgebend ist für ein solches Handlungselement, wie es schon beispielsweise in Homers Odyssee vorkommt, die Heldenreise. Diese hat Joseph Campbell 1949 in „Der Heros in tausend Gestalten“ definiert.

Die Heldenreise beschreibt das Abenteuer der Protagonist*innen durch Aufgaben, Kämpfe gegen Feinde und die Suche nach bestimmten Gegenständen. Sie nimmt dabei nicht nur einen universellen Verlauf, sondern erzählt auch von wiederkehrenden Figuren-Typen: Neben den Held*innen sind das zum Beispiel Mentor*innen, Gefährt*innen und Gegner*innen. Die Heldenreise kommt in allen Arten von Erzählungen, Geschichten, Legenden und auch in Mythologie oder sogar Religion vor. Joseph Campbell stellt in seinem Werk fest, dass die Aufgaben in Volkssagen eher als körperliche Herausforderungen dargestellt werden, während im religiösen Kontext häufiger moralische Probleme gelöst werden müssen.

Die Stationen der Heldenreise

Wie bereits angesprochen kann eine Geschichte durch die Heldenreise strukturiert werden. Der Grund dafür liegt darin, dass die Heldenreise laut Campbell aus 17 Stufen besteht. Natürlich kommen nicht alle Stufen in jeder Geschichte vor. Grob untergliedern kann man die Heldenreise jedoch immer in drei Abschnitte. Zunächst ist da der Aufbruch, denn der Held oder die Heldin müssen ihr Abenteuer natürlich erst einmal finden. Sie bekommen also Informationen oder stellen fest, dass es ein Problem gibt, das nur sie lösen können. Im zweiten Teil, den Campbell Initiation nennt, wird der eigentliche Weg beschrieben, alle Hindernisse, die sich den Protagonist*innen entgegenstellen und die sie (mit Hilfe ihrer Gefährt*innen) überwinden. Die Reise führt schließlich zur Rückkehr. Beendet wird eine Heldenreise immer mit dem Sieg des Helden oder der Heldin. Die Aufgaben wurden bestanden, Kämpfe gewonnen und Artefakte gefunden. Der Sieg ist natürlich immer mit großem Ruhm und Ehrerbietung verbunden.

Katalysator und Entwicklung der Hauptfigur

Das zuvor erwähnte Problem, das die Protagonist*innen überhaupt erst auf die Heldenreise führt, kann ganz verschiedene Ausmaße haben. Es kann sich um ein kleines, eher persönliches Problem handeln, zum Beispiel das Fehlen eines bestimmten Gegenstandes. Es kann jedoch auch ein globales Problem sein und Held bzw. Heldin müssen nicht weniger als die gesamte Menschheit retten, einen Krieg verhindern oder den Untergang der Welt stoppen. Zu erwähnen ist noch, dass die Heldenreise nicht die Reise eines Helden oder einer Heldin beschreibt. Vielmehr geht es um die Reise einer Figur, die durch das Durchlaufen der einzelnen Aufgaben und das Erreichen des Ziels zum Helden oder zur Heldin wird. Erst die Figur, die von ihrem Abenteuer zurückkehrt, ist als Held bzw. Heldin zu verstehen.

 Anm. der Redaktion: Mehr zum Thema Heldenreise auf Wikipedia lesen

Über die Autorin

Saskia Funke ist Texterin und Lektorin aus Leidenschaft. Sowohl auf ihrem Blog als auch ihrem Instagram-Account beschäftigt sie sich mit den verschiedenen Aspekten des Schreibens im Bereich der Phantastischen Literatur.

 

Handverlesene Beispiele von Saskia mit modernen Heldenreisen: 

Cover Ernest Cline: Ready Player One

Die Heldenreise in einer dystopischen Science Fiction Welt: Ernest Cline - Ready Player One

In „Ready Player One“ muss sich der 18-jährige Held Wade, der in einer dystopisch anmutenden Welt in einfachsten Verhältnissen lebt, gleich zwei Herausforderungen stellen. Zum einen muss er innerhalb einer das Leben der Menschen bestimmenden virtuellen Simulation, die Oasis genannt wird, ein Artefakt, das sogenannte Easter Egg, finden. Dem ersten Spieler, der dieses Ziel erreicht, winkt als Gewinn die gesamte Oasis und das damit verbundene Vermögen. Dabei muss sich Wade nicht nur in den Aufgaben des Spiels behaupten, sondern auch gegen die Machenschaften eines Großkonzerns kämpfen, der ebenfalls auf der Jagd nach dem Easter Egg und der damit verbundenen Macht ist. Die Reise geht weiter in "Ready Player Two" (erschienen März 2021)

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Cover J.R.R. Tolkien: Der Hobbit. Oder Hin und zurück

Die klassische Fantasy-Heldenreise: J.R.R. Tolkien - Der Hobbit. Oder Hin und zurück  

Eine weitere Geschichte, die die Heldenreise verdeutlicht und dies bereits im Namen trägt, ist „Der Hobbit“. Der Untertitel „Oder Hin und zurück“ betont den Aufbruch und die eigentliche Reise sowie die Rückkehr des Helden. Der Grund für die unerwartete Reise des Hobbits in Begleitung von 13 Zwergen ist hier ein persönlicher, denn Bilbo Beutlins Leben ist so abenteuerlich wie Grießbrei. Die Abenteuerlust treibt ihn dazu, den Zwergen bei ihrer Suche nach einem aus Gold, Edelsteinen und allerlei Reichtümern bestehenden Schatz zu helfen.

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Cover Cassandra Clare: City of Bones

Eine Heldinnenreise für junge Leser*innen: Cassandra Clare - City of Bones 

In Cassandra Clares erstem Band der „Chroniken der Unterwelt“, der den Auftakt ihres Schattenjäger-Universums darstellt, erfährt die 15-jährige Clary, dass all die Geschichten und Legenden von Monstern und Dämonen wahr sind. Auch ihre Mutter Jocelyn war früher eine Schattenjägerin und schwebt nun in Gefahr. Um sie zu retten, muss Clary einen mysthischen Kelch in ihren Besitz bringen. Unterstützung erfährt sie dabei von Jace, einem Schattenjäger, der sich bald als unergründliche Mentorenfigur entpuppt. Clary gerät in einen fantasywürdigen Kampf zwischen Gut und Böse und muss sich dabei selbst finden.

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Wir bedanken uns bei Saskia Funke für diesen Gastbeitrag! Das Motiv der Heldenreise ist allgegenwärtig und man kann fast schon sagen "archaisch". Wer mehr über phantastische Literatur erfahren möchte, sollte auf Saskias Blog vorbeischauen. Zwei Artikel, die uns besonders gut gefallen haben: 

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