Romane über Sekten

Sekten schaffen in sich abgeschottete, totalitäre Gesellschaften, weshalb sie einen spannenden Romanstoff bilden. Unheimlich und zugleich faszinierend ist dabei vor allem, wie Menschen in den Sog einer Sekte gezogen werden, wie sich ihre Realitätswahrnehmung allmählich ändert und sie auch unter den widrigsten Umständen ihre Sekte trotzdem nicht mehr verlassen können und wollen.

Der prominenteste Fall aus Deutschland ist wohl die Colonia Dignidad, eine Enklave in Chile, die alles andere als eine Kolonie der Würde darstellt: Ende der 1960er Jahre wandert Paul Schäfer, der zuvor schon im Verdacht des sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener stand, mit seiner Gemeinde nach Chile aus. Dort baut die Gemeinde auf einem System der Ausbeutung und Unterdrückung ein Musterdorf auf. Gedeckt wird alles durch den chilenischen Staat, der die Kolonie zur Folterung nutzt. Eine Flucht gelingt nur wenigen, denn selbst die deutsche Botschaft schickt die Geflüchteten und von Paul Schäfer offiziell als geisteskrank bezeichneten Sektenmitglieder einfach zurück. Nach unvorstellbaren 30 Jahren erst wird Paul Schäfer angezeigt und die Kolonie sich selbst überlassen - viele Bewohner können inzwischen kein normales Leben mehr führen.

Die hier vorgestellten Romane versuchen das Unfassbare greifbar zu machen, erzählen von verschiedenen Kontinenten und Zeiten, aber von den immer selben Mechanismen: der Vereinnahmung, der Gehirnwäsche, dem vollständigen Bruch mit den Angehörigen - und manchmal auch dem Weg zurück ins normale Leben.

 

Colognia Dignidad

Cover Rabenfrauen

Anja Jonuleit: Rabenfrauen

dtv 2016, 320 Seiten

Es ist ein brütend heißer Sommer, die Erlebnisse des Krieges sind auch Ende der 1950er nicht verblasst - und so freuen sich Ruth und Christa, dass eine Bibelfreizeit ihnen ein wenig Ablenkung von ihrem tristen Alltag bringt. Beide Abiturientinnen verlieben sich in den blonden Hünen Erich. Was sie nicht wissen: Erich ist und seine frommen Bibelfreunde verfolgen einen großen Plan und wollen die beiden dafür ködern. Anja Jonuleit erzählt in der Tradition einer Familiensaga auf drei unterschiedlichen Zeitebenen und aus drei Perspektiven - und zaubert am Ende noch ein Familiengeheimnis aus dem Hut. Was die Geschichte darüber hinaus extrem lesenswert macht, ist, dass Jonuleit sich vor allem darauf konzentriert, wie die jungen Mädchen von der Sekte vereinnahmt werden.

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Vom Backpacking zur Sekte

Cover Das Ende meiner Welt

Charity Norman: Das Ende meiner Welt

Bastei Entertainment 2018, 543 Seiten

Cassy ist alles andere als ein typisches Sektenopfer: Auf einer Backpacking-Tour in Neuseeland steigt die neugierig zu ein paar fröhlichen Menschen in einen Campingbus und reist mit ihnen in ihr kleines Reich - ein Dorf am Ende der Welt, in einer zauberhaften Landschaft. Charity Norman zeigt, dass die geschickten Gehirnwäschestrategien jeden treffen können und dass Sekten es sehr gut beherrschen, Neulingen eine heile Welt vorzugaukeln. Normans Roman liest sich flüssig, einfach und mitreißend von der ersten bis zur letzten Seite.

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Ein historischer Blick auf Glaubensgemeinschaften

Cover Das zweite Gesicht

Rachel Urquardt: Das zweite Gesicht

btb 2018, 543 Seiten.

Massachusetts 1842. Die fünfzehnjährige Polly findet Zuflucht bei der strengen Glaubensgemeinschaft der Shaker. Hier findet sie Ruhe vor ihrem brutalen Vater und hofft, ihr dunkles Geheimnis Verbergen zu können. Doch der Preis für ihr materiell abgesichertes Leben ist ein puritanisches, arbeitsreiches Leben ohne Liebe und Zuneigung. Anfangs in der Erzählung und Geschwindigkeit etwas zäh, wird dieser Roman schließlich doch spannend, da er einen historischen Blick auf eine streng religiöse Glaubensgemeinschaft wirft, die es inzwischen nicht mehr gibt.

 

 

Im Tal der Hippies

Cover Kinder vn Eden

Ken Follet: Die Kinder von Eden

Bastei Entertainment 2010, 528 Seiten

Auch Bestseller-Autor Ken Follet hat das Sektenthema aufgegriffen: Auf den ersten Blick ist es eine einfache Hippie-Kommune, die zurückgezogen in einem Tal in Kalifornien lebt. Doch als das Tal geflutet werden soll, wehrt sich die verschworene Gemeinschaft mit aller Kraft dagegen und droht mit dem Einsatz übernatürlicher Kräfte. Erzählt wird die Geschichte sowohl aus der staatlichen Perspektive des FBIs als auch von den Mitgliedern der Kommune selbst.

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Grusel und Spannung

Cover Die Sekte

Mo Haider: Die Sekte

Goldmann 2014

Mo Hayder ist für nervenaufreibende, oft auch grausame Thriller bekannt. Schauplatz für ihren Sekten-Thriller ist eine schottische Insel, die seit Jahren von der Außenwelt abgeschottet ist. Der Journalist Oakes, der sich mit paranormalen Phänomen befasst, erhält die Einladung, die dort lebenden Mitglieder einer Sekte zu besuchen. Doch die Sekte scheint nicht mehr stabil, es toben Machtkämpfe und ein Massaker, in das Oakes hineingezogen wird.

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