GEO Epoche 108/2021 - Die bewegte Geschichte der Eidgenossenschaft Schweiz

1291-2021

Es zählt zu den berühmtesten Zitaten der Filmgeschichte, doch unser Verifikationsteam, das jede Ausgabe mit der Akribie eines Schweizer Uhrmachers überprüft, hätte es ganz sicher nicht durchgehen lassen. Bei den Dreharbeiten zum Klassiker "Der dritte Mann" (1949) improvisierte der Schauspieler Orson Welles einen Monolog über das Verhältnis von großer Politik und großer Kunst. Das Italien des 15. Jahrhunderts sei zwar von "Krieg, Terror, Mord, Blutvergießen" geprägt gewesen, habe dafür aber einen Michelangelo, einen Leonardo da Vinci hervorgebracht. "In der Schweiz" dagegen, so Welles in seiner Rolle als... alles anzeigen expand_more

Es zählt zu den berühmtesten Zitaten der Filmgeschichte, doch unser Verifikationsteam, das jede Ausgabe mit der Akribie eines Schweizer Uhrmachers überprüft, hätte es ganz sicher nicht durchgehen lassen. Bei den Dreharbeiten zum Klassiker "Der dritte Mann" (1949) improvisierte der Schauspieler Orson Welles einen Monolog über das Verhältnis von großer Politik und großer Kunst. Das Italien des 15. Jahrhunderts sei zwar von "Krieg, Terror, Mord, Blutvergießen" geprägt gewesen, habe dafür aber einen Michelangelo, einen Leonardo da Vinci hervorgebracht. "In der Schweiz" dagegen, so Welles in seiner Rolle als Schwarzmarkthändler Harry Lime, herrschten "brüderliche Liebe, 500 Jahre Demokratie und Frieden. Und was hat das gebracht? Die Kuckucksuhr." Der erste Fehler: Die Kuckucksuhr wurde nicht in der Schweiz erfunden, seit Jahrhunderten verbindet man eher den Schwarzwald damit. Viel fragwürdiger aber ist der andere Teil der Behauptung – und auch viel wichtiger für das Heft, das Sie gerade in den Händen halten. Die Schweiz war niemals ein Land langweiliger Harmonie. Frieden? Der Krieg war ein Handwerk, das die Schweizer wie kaum ein zweites Volk verstanden. Brüderliche Liebe? Die Schweiz wurde immer wieder von tiefen Konflikten erschüttert, nicht zuletzt entstand der moderne Bundesstaat erst nach einem Bürgerkrieg. Und 500 Jahre Demokratie? Auch die erblühte erst im 19. Jahrhundert, und selbst dann durften die Frauen nicht mitmachen. Ihnen wurde erst 1971 das Wahl- und Stimmrecht gewährt (siehe Seite 152). Noch heute ist die Schweiz ein Land spannender Gegensätze: Tradition und Hochtechnologie, Offenheit und Abschottung, Dorfidylle und Großfinanz. Der Schweizer Historiker Jakob Tanner, ein ausgewiesener Kenner des Landes, bringt diese widersprüchlichen Stereotypen auf den Punkt: "Das Musterland hat, zugespitzt gesagt, den Schurkenstaat zum Gegenstück." Das ganze Gespräch finden Sie ab Seite 154. Wie die Schweiz wurde, was sie ist, das wollen wir in diesem Heft ergründen. Eines ist sicher: Ohne den dramatischen Kontrast von Berg und Tal wäre das Alpenland nie zum Sehnsuchtsort von Menschen in der ganzen Welt geworden. Die Geschichte über die Erstbesteigung des Matterhorns ab Seite 94 sei Ihnen deshalb besonders ans Herz gelegt. Wir hoffen, dass Sie nach der Lektüre dieser Ausgabe mit neuen Augen auf die Schweiz blicken. Die vielen Schweizerinnen und Schweizer, die uns lesen, müssen wir um etwas Nachsicht bitten. Wir verwenden in diesem Heft etwa durchgehend das Wort "Züricher" statt "Zürcher" – weil es in Deutschland geläufiger ist. Exgüsi!



GEO EPOCHE ist das GeschichtsMagazin von GEO und erscheint sechsmal pro Jahr. Jede Ausgabe ist einem historischen Thema gewidmet - Epochen wie dem Mittelalter, Staaten wie Preußen, Weltreligionen wie dem Judentum. Geschichte schillernd und packend ohne Staub, Fußnoten und Zahlenkolonnen. Erzählt werden Geschichten über bedeutende Personen und dramatische Ereignisse, über Alltag und Kultur, Politik, Gesellschaft und Wissenschaft. In genauen historischen Rekonstruktionen sowie opulenten Bildessays und Experteninterviews, mit Karten und Infokästen wird die jeweilige Epoche zum Leben erweckt und vor allem deren Alltag sinnlich nacherzählt. "Wir nehmen die Leser mit auf eine Zeitreise", so lautet das Credo der Chefredaktion.



ZWISCHEN TRADITION UND MODERNE Die Schweiz um 1900

Bilder zeigen ein vielfältiges Land im Aufbruch 6

MYTHOS SCHWEIZ Die Anfänge der Eidgenossenschaft um 1300

Der wahre Ursprung des Landes bleibt lange im Verborgenen 22

DIE SCHLACHT VON MARIGNANO Söldner 1515

Die Eidgenossen ringen um den Aufstieg zur Großmacht 28

VORKÄMPFER EINER NEUEN LEHRE Reformation 1522

Der Bauernsohn Ulrich Zwingli begehrt gegen die Kirche auf 40

DER KÖNIG VOM SIMPLONPASS Dreißigjähriger Krieg um 1640

Ein Unternehmer erkennt die strategische Rolle der Schweiz 52

BASEL – DIE STADT DER PROFITEURE Sklavenhandel 1776

Geschäftsleute werden reich – am Verkauf von Menschen 54

DIE GESCHICHTE DER SCHWEIZ Daten und Fakten 67

DER PRÄZISION VERPFLICHTET Uhrmacherhandwerk 1793

Abraham-Louis Breguet fertigt für Königinnen und Kaiser 80

DIE HERRSCHAFT DER FRANZOSEN Helvetische Republik 1798

Paris errichtet in der Schweiz einen Satellitenstaat 82

DIE GEBURT DER NATION Bundesverfassung 1848

Der Staatenbund der Kantone wird zu einem geeinten Staat 92

WETTLAUF ZUM GIPFEL Erstbesteigung des Matterhorns 1865

Eine Expedition gerät zum Triumph – und zur Tragödie 94

HELFER IN DER NOT Humanistisches Engagement 1863

Henry Dunant gründet in Genf das spätere Rote Kreuz 108

DER DURCHBRUCH Gotthardtunnel 1872–1882

Der Bau des längsten Tunnels der Welt kostet viele Opfer 110

IHRE WELT SIND DIE BERGE Verklärung 1879

Der Roman »Heidi« prägt ein idealisiertes Bild der Schweiz 124

ZUFLUCHTSORT SCHWEIZ Asylkultur um 1900

Viele Verfolgte finden in dem Alpenstaat eine neue Heimat 126

»DAS BOOT IST VOLL!« Zweiter Weltkrieg 1942

Vergeblich bemühen sich viele Juden auf der Flucht um Asyl 138

DEN FRAUEN EINE STIMME Frauenwahlrecht 1971

Marthe Gosteli kämpft für die Rechte der Schweizerinnen 152

MUSTERLAND UND SCHURKENSTAAT Interview

Ein Gespräch mit dem Schweizer Historiker Jakob Tanner 154

Impressum, Bildnachweise 66

Werkstatt 158

Die Welt von GEO 159

Vorschau »Südostasien« 162

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