Lust

NYC Novel #8 – Lust

Geld ist sexy. Und davon hat David Bolton genug, deshalb hält sich der Tycoon für unwiderstehlich. Bolton leistet sich den Luxus, Menschen zu kaufen wie andere Rennpferde. So begehrt er auch Cameron Cornell, den das Finanzmagazin »Fortune« zum besten Manager der Welt kürte. Zudem ersteht Bolton mit dem Zahlenjongleur auch dessen hinreißend schöne Ehefrau Faith. Doch pure Geilheit ist nicht der Antrieb des Hightech-Unternehmers. Für ihn sind Menschen Material, Wachs in seinen Händen, das er beliebig formen kann. Er kann sexuelle Begierden mit Macht stillen, während seine Frau Helen der Wollust frönt. Wenn vier Menschen in... alles anzeigen expand_more

Geld ist sexy. Und davon hat David Bolton genug, deshalb hält sich der Tycoon für unwiderstehlich. Bolton leistet sich den Luxus, Menschen zu kaufen wie andere Rennpferde. So begehrt er auch Cameron Cornell, den das Finanzmagazin »Fortune« zum besten Manager der Welt kürte. Zudem ersteht Bolton mit dem Zahlenjongleur auch dessen hinreißend schöne Ehefrau Faith. Doch pure Geilheit ist nicht der Antrieb des Hightech-Unternehmers. Für ihn sind Menschen Material, Wachs in seinen Händen, das er beliebig formen kann. Er kann sexuelle Begierden mit Macht stillen, während seine Frau Helen der Wollust frönt.



Wenn vier Menschen in jeder Beziehung voneinander abhängig sind, entsteht nicht nur ein erotisches Spannungsfeld. Heimtückische Energien werden eruptiv freigesetzt, die alle Beteiligten an den Rand des existentiellen Abgrunds manövrieren.





David Bolton sah sie vom Rücksitz seines Lexus, als er am Seineufer entlangfuhr – nicht auf der Seite des Flusses, wo Prinzessin Dianas Fahrer versagt hatte, sondern auf der anderen. Er wollte sie, er musste sie haben.



Er unterbrach sein Telefonat mit dem Direktor einer südafrikanischen Diamantmine und rief per Kurzwahl Markson an. Während es klingelte, betrachtete er sie eingehend durch das Fernglas, das er aus dem Netz an der Rückenlehne des Vordersitzes genommen hatte. »Setzen Sie sich mit Lloyd’s in Verbindung, Michael, und lassen Sie sich die Funk-Rufnummer einer Ketsch (Kennt jeder den Namen eines solchen Bootes?) namens Mistral geben. Heimathafen Cannes. Schicken Sie mir die Nummer per E-Mail.«



Markson fragte nicht nach dem Grund. Er wurde dafür bezahlt, den Grund zu kennen, und nicht zu fragen, falls er ihn doch nicht kennen sollte.



Bolton beendete die Verbindung und betätigte die Gegensprechanlage. »Wenden Sie bei der nächsten Gelegenheit, Rudi, und halten Sie an einem dieser Aussichtspunkte.«



Rudi neigte aufmerksam lauschend den Kopf zur Seite und nickte.



Bolton beobachtete noch einen Moment die Ketsch, dann klappte er sein MacBook auf und aktivierte einen Browser. Er klickte auf sein Dow-Jones-Lesezeichen und rief verschiedene aktuelle Börsennotierungen ab. Dann öffnete sich ein Popup-Fenster, das den Eingang einer E-Mail ankündigte. Er klickte auf das entsprechende Icon und wählte die Nummer, die Markson ihm geschickt hatte.



»Mistral.« Eine Stimme mit britischem, vielleicht auch australischem Akzent. Bolton besaß ein gewisses Geschick darin, Menschen einzuordnen, selbst wenn ihm dazu nur ein Wort zur Verfügung stand. Aber hier in Frankreich …



»Passez-moi le capitaine, s’il vous plait.«



»Un instant, monsieur.«



Es dauerte länger als einen Augenblick, aber Rudi hatte inzwischen die Straße an einer Abzweigung verlassen und gewendet. Bolton hatte sie wieder im Blick und sah durchs Fernglas, dass sie gerade eine etwas stärkere Strömung passierte.



»Roche«, stellte sich der Kapitän vor. Eindeutig australisch.



»Mein Name ist Bolton.«



»… ich habe schon von Ihnen gehört.«



»Ich will sie kaufen. Es ist eine Lovellette, ’37er Baujahr, richtig?«



»Achtunddreißig. Bessere Auslegung der Winsch. Wusste gar nicht, dass sie zu haben ist.«



»Oh, sie ist zu haben. Die ganze Welt ist zu haben. Rufen Sie ihren Besitzer an. Ich bleibe dran.«



»Das ist wohl unmöglich, oder?« Beinahe hätte Roche noch ein Kumpel angehängt. »Geben Sie mir Ihre Nummer. Er wird Sie zurückrufen.«



»Nicht nötig. Wählen Sie einfach die Nummer. Ich werde den Anruf koordinieren. Wir können alle drei in der Leitung bleiben.«



Roche sinnierte kurz über dieses kleine Wunder der Technik, fragte aber nicht nach, wie es funktionierte. Er tippte eine Nummer ein. Beide hörten die typischen Geräusche des Impulswahlverfahrens.



Nach dem zweiten Klingeln wurde der Hörer von einer Frau abgenommen. »Ja«, war alles, was sie sagte. Es war keine Frage; es war eine Bestätigung.



»Kapitän Roche hier, Ma’am. Könnte ich bitte kurz Mr. Shepherd sprechen?«



»Ist etwas nicht in Ordnung? Sie werden doch Freitag in Sardinien sein, oder?« Eine offensichtlich im Ausland aufgewachsene Amerikanerin.



Roche beantwortete ihre Fragen der Reihe nach. »Nein, Ma’am. Und, ja, wir liegen im Zeitplan. Ich habe hier einen Gentleman am Funktelefon, der gern mit Mr. Shepherd sprechen würde.« Roche hasste sie – hasste es, ihr überhaupt etwas sagen zu müssen, ihren Mann Mister nennen zu müssen. Er hasste auch Bolton, aber das lag in der Natur der Sache.

»Liebling, es ist Roche.« Sie bedeckte die Sprechmuschel nicht, als sie ihren Mann rief. Genauso gut hätte sie sagen können: Es ist ein Kakerlak!



»Roche?«, antwortete ein Mann ganz in der Nähe. »Sag jetzt nicht, bitte sag nicht, dass er gegen irgendwas gedonnert ist.« Er stammte aus Texas und war offensichtlich stolz darauf.

Es folgte ein Krachen und Scheppern, als hätte sie ihm den Hörer vielleicht zugeworfen, dort am Pool, denn da waren sie jetzt mit Sicherheit, oder sie hockten im Whirlpool.



»Was zum Kuckuck gibt’s denn, Roche? Sagen Sie jetzt bloß nicht, sagen Sie bitte nicht, dass Sie gegen irgendwas gedonnert sind.«



»Sir, Mister Bolton möchte gern mit Ihnen sprechen.«



Das durchdrang Shepherds Egozentrik wie ein Stachel. »Verbinden Sie mich mit ihm.«



»Er hört mit.«



»Guten Nachmittag, Shepherd«, sagte Bolton. »Ich will die Mistral. Achthunderttausend.« Er schaltete mit einem Tastaturkürzel auf die Homepage seiner Bank um und klickte auf die mit »Transaktion« beschriftete Schaltfläche. »Ich stelle Ihnen im Augenblick einen E-Scheck aus. Der vollständige Name lautet William Shepherd, richtig?«



»Moment, mein Freund, Moment. Gehen wir noch mal zwei Schritte zurück und holen erst mal ganz tief Luft. Was wollen Sie womit tun, um was zu erreichen?«



»Verplempern wir doch nicht unsere kostbare Zeit. Mir ist klar, dass es Ihnen klar ist. Roche und die Crew bleiben natürlich auf dem Schiff, und ich zahle der Mannschaft, was Sie ihr zahlen. Haben Sie eine faire Gehaltsregelung, Roche?«



Roche räusperte sich. »Es gibt vielleicht den einen oder anderen Punkt, über den man noch verhandeln müsste.«



»Gottverdammt, jetzt mal langsam!« schimpfte Shepherd »Erstens – befinden Sie sich im Moment auf der Mistral?« Er sprach es Miss-TRÄLL aus.



»Ich bin in Paris, und zwar in einer Parkbucht an der Seine. Ich habe das Vergnügen, Sie zu beobachten. Der Wind kommt gerade von achtern.«



»Ja, schön, was weiß ich. Das hier ist also eine Konferenzschaltung, oder was?«



»Worldlink. Es läuft über meinen Laptop. Ich habe Roche angerufen, Roche hat Sie angerufen. Herzlichen Glückwunsch, Sie erleben gerade das Modernste, was die Telekommunikationstechnik zu bieten hat.«



»Worldlink? Woher zum Teufel haben Sie denn das?«



»Meine Leute haben es entwickelt. Falls Sie auch gern ein System hätten, veranlasse ich, dass sich ein Vertreter mit Ihnen in Verbindung setzt, sobald wir hier fertig sind. Sind wir fertig, Shepherd?«



Shepherd versuchte Zeit zu schinden. »Woher weiß ich denn, dass Sie wirklich Bolton sind?«



Bolton wartete einfach. Er füllte den E-Scheck aus und bewegte den Mauszeiger über die »Absenden«-Schaltfläche.



Shepherd ließ weitere Worthülsen los. »Ich … ich … Ach, Scheiße. Klar. Wir sind fertig. Verdammt, ich hab den Kahn sowieso satt.«



Bolton drückte auf die Maustaste. »Die Überweisung ist auf Ihrem Konto. Roche, drehen Sie bei und laufen Sie in den Club Nautique ein. Ich komme um halb neun mit meiner Frau an Bord. Nur Cocktails, wir essen woanders zu Abend, aber wir werden eine etwa halbstündige Fahrt machen.«



»Jawohl, Sir.«



»Jetzt warten Sie aber gottverdammt mal eine Sekunde«, sagte Shepherd. »Ich habe Ihnen noch nicht meine Bankverbindung gegeben.«



»Der E-Scheck wird Ihre Bank schon finden«, meinte Bolton. »Ich werde veranlassen, dass sich auch deswegen ein Vertreter mit Ihnen in Verbindung setzt.«



»Ja, schön, notieren Sie sich trotzdem meine Nummer«, sagte Shepherd. »Oder nimmt Ihnen das Ihr Spielzeug auch ab?«



Bolton las ihm die Nummer vor. »Guten Tag, Shepherd«, verabschiedete sich Bolton und legte auf. Er sah Rudi im Rückspiegel an und nickte. Rudi startete den Lexus und fädelte sich in den Verkehr ein.



Sie waren noch keine fünf Minuten gefahren, als das Telefon klingelte.



»Hallo, Mrs. Shepherd«, sagte Bolton.



Sie lachte trocken. »Woher wussten Sie, dass ich es bin?«



Weil sie eine Frau war, die Wert darauf legen würde, sich sofort von ihrem Mann zu distanzieren, wann immer er gedemütigt wurde – was recht häufig geschah.



»Zu schade, das mit Sardinien«, meinte Bolton. »Vielleicht lässt sich ja noch etwas anderes arrangieren. Falls ich Ihnen irgendwie dabei behilflich sein kann …«



»Wenn Sie mal nach Charlotte kommen, Mister Bolton, rufen Sie mich an. Worldlink wird mich sicher finden.«



Es gefiel ihm, dass sie sich den Namen des Systems gemerkt hatte. Es gefiel ihm, dass sie sich nicht genötigt fühlte, ihm unbedingt den ihren verraten zu müssen. Es gefiel ihm, dass sie nichts über Ehegatten oder Beziehungen sagte. Er würde sie anrufen, nicht in Charlotte (mein Gott, Charlotte), sondern irgendwo anders, wo er sie aufspüren würde. Er würde – das wäre sein Motto gewesen, hätte er eines gehabt –, weil er es konnte.

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