Das Verbandpäckchen
„Das Verbandpäckchen“ ist eine packende Erzählung, die den Leser mitten in die frostige Januarnacht des Jahres 1943 entführt, inmitten des Zweiten Weltkriegs. In einer kleinen Bauernhütte, fernab der Heimat, treffen deutsche Kriegsgefangene und sowjetische Soldaten aufeinander. Die Feindschaft zwischen den Nationen weicht in einem Moment der Menschlichkeit, als ein russischer Soldat dem verwundeten deutschen Artilleristen Hans Schmidt sein eigenes Verbandpäckchen überlässt. Diese Geschichte berührt durch ihre eindringliche Schilderung von Mitgefühl und die schmale Grenze zwischen Feind und Mensch im Angesicht des Krieges. Es ist ein zeitloses Werk, das uns erinnert, dass Menschlichkeit selbst im dunkelsten Moment existieren kann.
Es war nicht ganz einfach, bei dem Kerzenstummel, den ein Rotarmist hielt, diese komplizierte Wunde in der engen, mit Soldaten überfüllten Hütte zu verbinden. Ich musste daran denken, wie ich im ersten Weltkrieg als Bataillonsarzt deutsche Soldaten an der Somme und bei Langemarck versorgt hatte. Als ich die zweite Binde verlangte, sah ich das vom Kerzenschein beleuchtete Gesicht eines deutschen Gefangenen, er schaute in geradezu hilflosem Erstaunen auf mich. Offenbar konnte er es nicht fassen, dass der Rotarmist während der Kampfhandlungen einem deutschen Verwundeten sein Verbandpäckchen gab.
*
Der Verwundete bittet um Wasser.
Wir geben es ihm mit etwas Wodka. Er ist sehr erschöpft und stöhnt. Ich lasse ihn auf eine Bank legen und die andern Soldaten etwas beiseite treten.
Der Verwundete – es ist der Artilleriefunker Hans Schmidt von der 19. Panzerdivision – fragt mich, was ich von seiner Wunde halte und ob er sterben müsse? Und ohne meine Antwort abzuwarten, nennt er mir die Feldpostnummer seines Bruders, der schon seit Oktober bei Stalingrad stehe, er selbst habe in seinem Funkgerät alle Meldungen über Stalingrad abgehört, auch die russischen. Und nun quäle er sich die ganzen letzten Tage, ob sein Bruder unter den Toten oder unter den Gefangenen sei?
Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied; † 5. Oktober 1953 in Lehnitz) war ein deutscher Arzt, Schriftsteller und Dramatiker, der sich besonders durch seine politische und literarische Arbeit einen Namen machte.
Friedrich Wolf wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Er studierte von 1907 bis 1912 Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte in verschiedenen deutschen Städten und promovierte 1913 in Medizin. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Truppenarzt und entwickelte sich zum entschiedenen Kriegsgegner. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Dresden.
Wolf war ab 1928 Mitglied der KPD und verfasste zahlreiche politisch engagierte Werke. Sein bekanntestes Drama, "Cyankali" (1929), prangerte das Abtreibungsverbot des § 218 an und löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitete er als Arzt und engagierte sich für die Rechte der Arbeiterklasse.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Wolf 1933 in die Sowjetunion, wo er weiterhin literarisch aktiv war und für Radio Moskau arbeitete. Während des Spanischen Bürgerkriegs versuchte er, als Arzt an den Internationalen Brigaden teilzunehmen, blieb aber in Frankreich. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in Frankreich interniert, konnte jedoch 1941 mit sowjetischer Hilfe nach Moskau zurückkehren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR kulturpolitisch. Er war Mitbegründer der DEFA und der Deutschen Akademie der Künste. Zudem diente er von 1949 bis 1951 als erster Botschafter der DDR in Polen. Friedrich Wolf starb 1953 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.
Wolf hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das durch seinen politischen und sozialen Einsatz geprägt ist. Seine Söhne Markus und Konrad Wolf setzten sein Erbe als bedeutende Persönlichkeiten der DDR fort.
Staatliche Auszeichnungen
1943: Orden Roter Stern
1949: Nationalpreis der DDR II. Klasse für das Theaterstück Professor Mamlock
1950: Nationalpreis der DDR I. Klasse für den Film Rat der Götter.
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- Artikel-Nr.: SW9783689122041458270.1
- Artikelnummer SW9783689122041458270.1
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Autor
Friedrich Wolf
- Wasserzeichen ja
- Verlag EDITION digital
- Seitenzahl 14
- Veröffentlichung 06.09.2024
- ISBN 9783689122041
- Wasserzeichen ja