Eine leise Sehnsucht

Die Autorin geht in den 47 Kurzgeschichten und zwei Novellen den merkwürdigen Beziehungen der Menschen untereinander und zu ihrer Umwelt nach, vor allem ihren Beweggründe, ihren Sehnsüchten und Träumen. Dass die Geschichten dabei hin und wieder auch melancholisch daher kommen, liegt an der Liebe der Autorin zu Rainer Maria Rilke und seinem Spruch „Aus jeder Traurigkeit erwächst eine neue Welterkenntnis“. Das Werden und Vergehen gerade in der Natur auf dem Lande trägt im Vergehen auch schon das Werden in sich. „Zum Kriegsbeginn geboren, habe ich meine ersten Lebensjahre in einem kleinen Dörfchen oberhalb und südlich von... alles anzeigen expand_more

Die Autorin geht in den 47 Kurzgeschichten und zwei Novellen den merkwürdigen Beziehungen der Menschen untereinander und zu ihrer Umwelt nach, vor allem ihren Beweggründe, ihren Sehnsüchten und Träumen. Dass die Geschichten dabei hin und wieder auch melancholisch daher kommen, liegt an der Liebe der Autorin zu Rainer Maria Rilke und seinem Spruch „Aus jeder Traurigkeit erwächst eine neue Welterkenntnis“. Das Werden und Vergehen gerade in der Natur auf dem Lande trägt im Vergehen auch schon das Werden in sich.



„Zum Kriegsbeginn geboren, habe ich meine ersten Lebensjahre in einem kleinen Dörfchen oberhalb und südlich von Dresden auf einem Bauernhof verbracht, auf dem meine Mutter als Landpflichtjahr-Magd gearbeitet hat. Mein Vater kehrte, wie so viele Väter, aus dem Krieg nicht zurück. Das Landleben hat mich geprägt, auch wenn ich später viele Jahre in Dresden als Filmtheaterleiterin gearbeitet habe, nachdem ich am Literaturinstitut J. R. Becher ein Fernstudium absolviert hatte.

Mit dem Schreiben allerdings habe ich erst richtig begonnen, als ich Rentnerin wurde. Ich denke aber, man merkt meinen Geschichten an, dass ich ein Landkind geblieben bin. Seit einigen Jahren lebe ich wieder auf dem Lande, was manchmal beschwerlich ist, weil ich durch gesundheitliche Probleme nicht mehr so mobil bin, wie ich es gerne möchte, denn eines ist geblieben: Eine leise und stille Sehnsucht nach Ferne ...“



Die Landfrau – Meine Irrungen und Wirrungen

Sommer

Die alte Dame

Die Puppe

Aufbruch

Wie ich zur ABF gekommen bin

Blaue Maus im Regen

Schneesturm

Villa Thorwaldsen

Landnahme

Augenblicke

Ein Sachse aus Kalkutta

Wie ich meinen Rilke verlor

Reminiszenz Rossin

Gebergrund

Der blanke Hans

Frauenpower

Johanna, eine Novelle

Heute nach Quasimodo

Nach Johanni

Nach Michaelis

Weihnacht vorbei

Quasimodo

Endlich Sonne

Nach Johanni

Nach Michaelis

Quasimodo

Nach Johanni

14. Sonntag nach Trinitatis

Advent und Neujahr

Weiter im Jahr

Okuli

Ostern vorbei

Vor Johanni

Nach Johanni

Erntedank

Nach Martini

Itzt ist etwas geschehen

Aldas Lied, eine Novelle

Ende und Anfang

Ich, „das Kind“

Die Flucht

Aethius, der Heeresmeister Roms

Valentinian der III., der Kaiser von Rom

Adler und Geier

Aethius in Gallien

Sangiban, Heerführer der Alanen

Theoderich, König der Westgoten

Nach der Schlacht: Tulios Erzählung

Heimkehr

Hildegunda

Attila

Blutige Hochzeit

Epilog

Maria Reiche

Gret Palucca

Atelierbesuch

Sommerspiele und Nachtgedanken

Das blaue Licht

Thylda

Emma

Leidenschaft

Märchen

Sandstein

Am Strand

Nach dem Regen

In jenen Sommern

Mittsommerfeuer

Maiennacht

Frau am Fenster

Sommerspiele

Per Anhalter

Manchmal nachts

Mondnacht

Donnerstagabend

Ein kalter Morgen

Nachsaison

Galileo

Raue Nächte

Der Sänger

Sonntagnachmittag

Boot im Sturm

Boot im Sturm, II. Teil

Das Wort

Herbstnebel

Sonnenblumenkerne

Strohsackstopfen



Strohsackstopfen

Es war schon später Nachmittag, als Sophie oben an der Straßenbiegung ankam, wo es hinunter ins Tal ging und dann weiter die steile Straße hinauf in das letzte Dorf vor dem Berg mit der großen Silberpappel, die als Wahrzeichen vom weiten Elbtal aus gesehen werden konnte und die auf der höchsten Erhebung vor dem Erzgebirge stand.

Das Dorf auf halber Höhe lag schon dunkel im Sonnenschatten, es war ja Septembermond, die Tag- und Nachtgleiche, und sie hatte ein ungutes Gefühl, denn ihr erschien es wie eine Zwingburg aus dem Mittelalter. Das Tal davor, in das sie nun noch hinunter und drüben wieder heraufsteigen musste, hatte für sie nichts Liebliches an sich, obwohl es das schönste Tal unterhalb des Gebirges sein sollte.

Nur langsam und widerwillig ging sie nun weiter, es war schon Abend, als sie in dem Bauernhof ankam, der ihr Zuhause für das angeordnete „Landpflichtjahr“ werden sollte.

Man empfing sie freundlich, aber ohne viel Worte, denn alle saßen gerade im Gesindezimmer am großen Tisch beim Abendbrot. Die Bäuerin zeigte ihr ihren Platz zwischen den Knechten und meinte nur, sie solle nur zulangen, hungern müsse man hier nicht.

Nach dem Essen sagte die Bäuerin zu einem der jungen Knechte: „Erich, bitte, geh mit Sophie und hilf ihr beim Stopfen.“

Sophie erblasste, stopfen, was sollte sie denn nun und ausgerechnet mit diesem Mann, der sie die ganz Zeit lächelnd angesehen hatte, stopfen?

Erich erhob sich, kam auf Sophie zu und nahm sie einfach an der Hand und zog sie mit sich aus dem Zimmer hinaus und weiter in die Scheune.

Es war der Strohsack, auf dem sie nun eine sehr lange Zeit ihre Nächte verbringen würde. Und dass sie diese Nächte, gerade jetzt im Herbst, irgendwann nicht immer sehr allein darauf verbringen musste, war das Schönste daran.

Allerdings nur bis zu dem frühen Morgen, als Sophie während des Kühemelkens spontan das Plumpsklo aufsuchen und erbrechen musste. Nun ja, dachte sie, es sind die roten Bete, auf die sie in den letzten Tagen so erpicht gewesen war und die sie nicht vertrug. Es war die Bäuerin, die am Mittagstisch zu Erich sagte, es sei nun wohl Zeit, bei Sophies Eltern um ihre Hand anzuhalten. Beide wurden rot und Sophie musste schon wieder rennen, und als sie zurückkam, nahm Erich sie liebevoll in den Arm und sagte laut und deutlich: „Ich liebe dich, liebste Sophie, lass uns heiraten!“

Hand in Hand mit Erich lernte sie dieses bergige Land ringsum lieben, mit der Silberpappel oben auf der Höhe und dem lieblichen Gebergrund mit den Mühlen. Und selbst im Herbst, wenn das Dorf im Sonnenschatten lag, empfand sie es nicht mehr bedrohlich, sondern als etwas, zu dem sie gehörte.

Eigentlich wäre nun nicht mehr sehr viel zu sagen, aber inzwischen war Krieg und Erich musste an die Ostfront.

Von nun an stopfte Sophie ihren Strohsack allein, eine Weile später waren es dann zwei, auch wenn der zweite etwas kleiner war.

Im Septembermond 1943 kam der Brief: vermisst.

Sophie hatte keine Zeit zum Trauern. Die Arbeit auf dem Bauerngut war schwer, denn Knechte gab es keine mehr, es war ja Krieg.



Jahr um Jahr ging Sophie in die Scheune, stopfte ihre Strohsäcke und wartete.

Und dann war der Krieg vorbei. Und Sophie wartete weiter und weiter und stopfte ihre Strohsäcke Jahr für Jahr allein. Und von Jahr zu Jahr fiel es ihr schwerer.

Einmal wollten ihre Tochter und der Schwiegersohn ihr ein Bett mit Matratze kaufen. Sophie lehnte ab.

Es war ja der Strohsack, der ihr als einzige Erinnerung geblieben war …



„Zum Kriegsbeginn geboren, habe ich meine ersten Lebensjahre in einem kleinen Dörfchen oberhalb und südlich von Dresden auf einem Bauernhof verbracht, auf dem meine Mutter als Landpflichtjahr-Magd gearbeitet hat. Mein Vater kehrte, wie so viele Väter, aus dem Krieg nicht zurück. Das Landleben hat mich geprägt, auch wenn ich später viele Jahre in Dresden als Filmtheaterleiterin gearbeitet habe, nachdem ich am Literaturinstitut J. R. Becher ein Fernstudium absolviert hatte.

Mit dem Schreiben allerdings habe ich erst richtig begonnen, als ich Rentnerin wurde. Ich denke aber, man merkt meinen Geschichten an, dass ich ein Landkind geblieben bin. Seit einigen Jahren lebe ich wieder auf dem Lande, was manchmal beschwerlich ist, weil ich durch gesundheitliche Probleme nicht mehr so mobil bin, wie ich es gerne möchte, denn eines ist geblieben: Eine leise und stille Sehnsucht nach Ferne ...“

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