Allein über den Fluss

Mut muss man haben. Das allein zählt. Soweit ist sich Heino sicher. Aber weiter weiß er nicht. Dabei ist er wirklich kein Feigling. Und doch: als es drauf ankam, hat er versagt. Da war die Angst größer als er, hat ihn besiegt. Heino ist wütend. Auf sich. Aber auch auf den Fluss, der des einen Freund, des anderen Feind ist. Genauso, wie es die alten Sagen der Schiffer berichten. Kapitän Stüber, Heinos Vater, sieht das ganz anders. Er meint, man müsse die Gefahren des Stromes nur gut kennen, dann gäbe es keine unüberwindbaren Hindernisse. Heino möchte stark und furchtlos sein wie der Vater. Das gelingt ihm nicht. Aber tapfer ist... alles anzeigen expand_more

Mut muss man haben. Das allein zählt. Soweit ist sich Heino sicher. Aber weiter weiß er nicht. Dabei ist er wirklich kein Feigling. Und doch: als es drauf ankam, hat er versagt. Da war die Angst größer als er, hat ihn besiegt. Heino ist wütend. Auf sich. Aber auch auf den Fluss, der des einen Freund, des anderen Feind ist. Genauso, wie es die alten Sagen der Schiffer berichten.

Kapitän Stüber, Heinos Vater, sieht das ganz anders. Er meint, man müsse die Gefahren des Stromes nur gut kennen, dann gäbe es keine unüberwindbaren Hindernisse. Heino möchte stark und furchtlos sein wie der Vater. Das gelingt ihm nicht. Aber tapfer ist er doch, als er sich allein aufmacht, um den Fluss zu überqueren.

Das spannende Buch für Kinder ab 10 Jahre erschien erstmals 1982 bei Der Kinderbuchverlag Berlin.



LESEPROBE:

Als Scharli im Frühjahr nach Buttstein gekommen war, lebte Heino erst ein paar Wochen im Schifferinternat.

Das Zimmer teilte er mit zwei Jungen, Alexander und Werner. Beide wohnten schon länger hier. Sie ließen keine Gelegenheit aus, ihm zu zeigen, dass er der Neue war, ein Störenfried in ihrem Zimmer. Als er eines Abends seinen Schlafanzug unter der Bettdecke hervorholte, waren Jacke und Hose an den Ärmeln und Beinen fest miteinander verknotet. Die beiden Jungen lagen im Bett und taten so, als schliefen sie schon tief. Heino versuchte, das Gewirr der Knoten zu lösen. Aber es war so fest, dass er es bald aufgab und den Klumpen an das Fußende seines Bettes warf.

„Warum gehst du im Turnhemd zu Bett?“, fragte Alexander mit einer Stimme, als wäre er aus einem abgrundtiefen Schlaf erwacht.

Heino konnte nicht gleich antworten, weil es ihm wie ein Kloß in der Kehle saß.

„Die Hitze hier“, antwortete er nach einer Weile. „Im Schlafanzug wird es mir immer zu heiß.“

Heino lag in dieser Nacht lange wach. Er verfolgte die Lichter der Autos auf der Straße, die an den Wänden des Zimmers immer den gleichen Weg beschritten. Er wünschte sich fort. In das Haus hinter dem Deich, wo nun die Oma allein wohnte und manchmal die Eltern.

Schön wäre es, in der Bodenkammer zu liegen und das Ächzen der Dachsparren zu hören. Und von Weitem das Glucksen des Stroms. „Jetzt zählt der Fluss seine Seelen“, hatte die Oma manchmal gesagt, wenn sie an seinem Bett saß, und sie horchten nach draußen.

„Welche Seelen?“

„Die Seelen der ertrunkenen Schiffer oder der Leute, die den Fluss zur unrechten Zeit in einem Boot überqueren wollten.“

„Ist der Strom böse?“, hatte Heino ängstlich gefragt.



Als Scharli im Frühjahr nach Buttstein gekommen war, lebte Heino erst ein paar Wochen im Schifferinternat.

Das Zimmer teilte er mit zwei Jungen, Alexander und Werner. Beide wohnten schon länger hier. Sie ließen keine Gelegenheit aus, ihm zu zeigen, dass er der Neue war, ein Störenfried in ihrem Zimmer. Als er eines Abends seinen Schlafanzug unter der Bettdecke hervorholte, waren Jacke und Hose an den Ärmeln und Beinen fest miteinander verknotet. Die beiden Jungen lagen im Bett und taten so, als schliefen sie schon tief. Heino versuchte, das Gewirr der Knoten zu lösen. Aber es war so fest, dass er es bald aufgab und den Klumpen an das Fußende seines Bettes warf.

„Warum gehst du im Turnhemd zu Bett?“, fragte Alexander mit einer Stimme, als wäre er aus einem abgrundtiefen Schlaf erwacht.

Heino konnte nicht gleich antworten, weil es ihm wie ein Kloß in der Kehle saß.

„Die Hitze hier“, antwortete er nach einer Weile. „Im Schlafanzug wird es mir immer zu heiß.“

Heino lag in dieser Nacht lange wach. Er verfolgte die Lichter der Autos auf der Straße, die an den Wänden des Zimmers immer den gleichen Weg beschritten. Er wünschte sich fort. In das Haus hinter dem Deich, wo nun die Oma allein wohnte und manchmal die Eltern.

Schön wäre es, in der Bodenkammer zu liegen und das Ächzen der Dachsparren zu hören. Und von Weitem das Glucksen des Stroms. „Jetzt zählt der Fluss seine Seelen“, hatte die Oma manchmal gesagt, wenn sie an seinem Bett saß, und sie horchten nach draußen.

„Welche Seelen?“

„Die Seelen der ertrunkenen Schiffer oder der Leute, die den Fluss zur unrechten Zeit in einem Boot überqueren wollten.“

„Ist der Strom böse?“, hatte Heino ängstlich gefragt.

„Nein, der Fluss ist gut. Durch ihn hat der Großvater sein Geld verdient. Und heute leben deine Eltern von ihm. Nur, man darf ihn nicht verhöhnen. Niemand soll denken, er sei stärker als der Strom.“

„Und wenn einer keinen Mut hat?“

„Ja, dann!“, hatte die Oma gesagt. „Aber die Stübers waren immer unerschrockene Leute.“

Hätte ich den Mut gehabt, dachte Heino, wäre ich noch dort.



Martin Meißner:

Geboren 1943 in Lockstedt bei Klötze – Altmark. Nach dem Abitur und dem Studium in Leipzig Fachlehrer in Diesdorf/Altmark, Burg bei Magdeburg und Klötze. Für Meißners literarische Arbeiten ist besonders seine langjährige Erfahrung als Lehrer an einer Sonderschule von Bedeutung. Bis zu seinem Ruhestand unterrichtete Meißner an der Förderschule für Lernbehinderte Klötze. Außerdem arbeitete er als Bohrarbeiter, Binnenschiffer, Landarbeiter, war freischaffender Schriftsteller, stellvertretender Bürgermeister der Stadt Klötze und Sozialamtsleiter. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.

Bibliografie

Die Pferdediebe von Seberitz, Kinderbuch, 1972, Berlin, Kinderbuchverlag

Die Schlacht auf dem Kapaunsee, Kinderbuch, 1974, Berlin, Kinderbuchverlag

Allein über den Fluss, Kinderbuch, 1982, Berlin, Kinderbuchverlag

Manuel und der Waschbär, Kinderbuch, 1983, Berlin, Kinderbuchverlag (und 1995, Magdeburg, Verlag Blaue Äpfel)

Flammenvogel, Kinderbuch, 1984, Berlin, Kinderbuchverlag

Die Flöte mit dem Wunderton, Kinderbuch, 1987, Berlin, Kinderbuchverlag

Quasselzwerg Luise, Kinderbuch, 1995, Magdeburg, Verlag Blaue Äpfel

Was Nonnemann in der Hose hat, Satiren, 2001, Oschersleben, dr.ziethen verlag

Lena oder Einen Bullen beißt man nicht, Jugendbuch, 2002, Halle projekte verlag

Eine Cola für ein Kaiserreich, Kinderbuch, 2003, Halle projekte verlag

Die Entdeckung des Nichts, Erzählungen, 2008, Halle, projekte verlag

Blutholz, Kriminalroman, 2011, Kremkau, Block-Verlag

Angebote für Lesungen:

Kindergarten, 1. und 2. Klasse: Quasselzwerg Luise, Entstehung eines Buches

3. - 4. Klasse ( auch 4.- 6.Klasse Sonderschule): Manuel und der Waschbär

7. - 9. Klasse: Lena oder Einen Bullen beißt man nicht

Erwachsene (auch 11. - 12. Klasse): Was Nonnemann in der Hose hat, Die Entdeckung des Nichts, Blutholz (Kriminalroman)

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