Der kleine Zauberer und die große 5

Aus einer Fünf in Mathematik wenigstens eine Drei zu zaubern, darf man sich nicht so leicht vorstellen. Dann gerät so einiges daneben – sogar fünf verärgerte Meerschweinchen können daraus werden. Aber Olivers Zauber-Mutter weiß Rat. Das lustige Kinderbuch wurde 1977 von der DEFA unter der Regie von Erwin Stranka verfilmt. Zu Hause guckte Oliver gleich auf den Wecker, der jetzt ganz harmlos dastand und keinesfalls so aussah, als würde er schon am nächsten Morgen meckern wie eine Ziege oder wie ein Dampfer tuten. Ausgezeichnet. Er hatte mindestens zweieinhalb Stunden Zeit, aber er machte sich ungesäumt ans Werk. „Spare... alles anzeigen expand_more

Aus einer Fünf in Mathematik wenigstens eine Drei zu zaubern, darf man sich nicht so leicht vorstellen. Dann gerät so einiges daneben – sogar fünf verärgerte Meerschweinchen können daraus werden. Aber Olivers Zauber-Mutter weiß Rat.

Das lustige Kinderbuch wurde 1977 von der DEFA unter der Regie von Erwin Stranka verfilmt.



Zu Hause guckte Oliver gleich auf den Wecker, der jetzt ganz harmlos dastand und keinesfalls so aussah, als würde er schon am nächsten Morgen meckern wie eine Ziege oder wie ein Dampfer tuten. Ausgezeichnet. Er hatte mindestens zweieinhalb Stunden Zeit, aber er machte sich ungesäumt ans Werk. „Spare Sekunden, so gewinnst du Stunden“ stand bei seinem Opa im Hausflur mit schnörkeligen Buchstaben an der Wand geschrieben.

Er nahm einen makellosen Bogen aus seinem Zeichenblock und goss gleich aus dem Fass eine gehörige Portion blauer Tinte darüber. Dann hielt er die zwei gespreizten Finger hin und murmelte das Sprüchlein „Kleckswegsbittesehrflecks“. Der Klecks verschwand, der Bogen war makellos wie zuvor.

Na ja, nun gut, dachte er, das möchte wohl sein. Versuch römisch eins (I) geglückt. Jetzt aber römisch zwei (II).

Er nahm nun das Fässchen mit der roten Tinte und machte wieder einen Klecks. Der wurde noch größer als der blaue, was irgendwie ziemlich schlimm aussah. Finger gespreizt, Sprüchlein gemurmelt – Fleck verschwunden. Verschwunden! Oliver atmete auf. Auch römisch zwei war also geglückt! Gleich darauf schrak er zusammen, denn hinter ihm ging leise die Tür auf. Es war aber nur Lisbeth.

„Oh, Pardon“, sagte sie, „ich wollte gewiss Ihre Expedition nicht stören, ich wollte nur fragen, ob nicht vielleicht das Pokalspiel übertragen wird?“

Oliver erklärte ihr höflich, die Pokalspiele würden immer mittwochs stattfinden, dienstags jedoch nie, und sie möchte doch so gut sein und sich augenblicklich zum Teufel scheren.

„Ach du Schreck“, sagte Lisbeth, „Rheumatismus, Parallelogramm, Katastrophe, Nostalgie, Frustration, oje.“ Sie machte sich davon.

Ein Glück, dachte Oliver, soll sie doch sonst wem erzählen, dass es heute Abend regnet. Er bückte sich zur untersten Schublade seiner Kommode, schloss auf und holte die Zauberkundekontrollarbeit hervor. Erst einmal musste die dreimalverflixte Fünf verschwinden. Dann würde man schon weitersehen. Also nun auf zum Versuch römisch drei (III). Römisch drei war entschieden kitzliger als alles vorher. Aber das half nun nichts. Er nahm wieder die rote Tinte und tröpfelte sie vorsichtig auf die Ziffer, die allmählich darin ertrank und endlich nicht mehr zu sehen war. Hervorragend. Das heißt: noch nicht, aber gleich. Finger gespreizt, Sprüchlein gemurmelt, Fleck – verschwunden. Jaha, Fleck verschwunden – Fünf vorhanden! Tatsächlich! Der Fleck war weg, aber die Fünf war wieder oder noch da. So schön oder vielmehr, so abscheulich wie zuvor. Donnerkuckuckapfelbaumundnähgarnnocheinmal! Das war vielleicht ein Fuchs, dieser Herr Fiebig. Der konnte mehr als Stachelbeerbüsche pflanzen. Na ja, der war ja auch Zauberkundelehrer. Oliver biss die Zähne zusammen und wiederholte den Versuch römisch drei mit der doppelten Portion roter Tinte. Das Ergebnis war das gleiche. Oliver legte den Kopf auf den Tisch und heulte fünf Minuten. Nein, nein, nicht fünf. Um Himmels willen, fünf doch nicht. Höchstens vier Minuten waren es.



Geboren am 18. Mai 1936 in Hamburg-Lurup als viertes Kind eines Gärtners. Wegen der drohenden Bombenangriffe zog die Familie 1940 ins Haus seines Großvaters in Parchim. Dort legte er 1956 sein Abitur ab und studierte anschließend Germanistik und Geschichte in Rostock und Berlin. Von 1961 bis 1964 arbeitete er als Lehrer in Lübbenau und veröffentlichte gleichzeitig erste literarische Arbeiten. Von 1964 bis 1967 arbeitete er als Literaturredakteur der Zeitschrift „Magazin“. Seit 1967 ist er freischaffender Journalist und Schriftsteller. Er war in der DDR ein erfolgreicher Kinder- und Jugendbuchautor, seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Zwei Bücher wurden von der DEFA verfilmt: 1971 „Das Klassenfest“ unter dem Titel „Männer ohne Bärte“ und 1977 „Der kleine Zauberer und die große Fünf“.

1978 erhielt er den Nationalpreis III. Klasse für Kunst und Literatur, 1981 noch einmal, gemeinsam mit Winfried Junge und Hans-Eberhard Leupold. Von 1999 bis 2020 lebte er in Neu Ruthenbeck in der Gemeinde Friedrichsruhe, seit 2020 in Panketal.

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