Im Tal

Das letzte Abendlicht wandert über die Berge, als sich die Frau auf den Weg zu einer einsam gelegenen Hütte im Tal macht. Sie kennt den Ort, die Hütte, den Bauern, der ihr die Hütte überlässt. Im Tal hat sich in den vielen Jahren seit ihrem letzten Besuch nichts verändert. Die Zeit scheint stillzustehen. Im Gepäck hat sie zwei, drei Bücher, vor allem aber Erinnerungen an Menschen, die ihr nahestehen. An einige von ihnen schreibt sie lange Briefe, die sie nicht abschickt. Die Umgebung ist still, so still, dass in ihr jedes erzwungene Reden wie eine Ruhestörung erscheinen würde. Sie wacht und schläft, streift mit... alles anzeigen expand_more

Das letzte Abendlicht wandert über die Berge, als sich die Frau auf den Weg zu einer einsam gelegenen Hütte im Tal macht. Sie kennt den Ort, die Hütte, den Bauern, der ihr die Hütte überlässt. Im Tal hat sich in den vielen Jahren seit ihrem letzten Besuch nichts verändert. Die Zeit scheint stillzustehen.

Im Gepäck hat sie zwei, drei Bücher, vor allem aber Erinnerungen an Menschen, die ihr nahestehen. An einige von ihnen schreibt sie lange Briefe, die sie nicht abschickt.

Die Umgebung ist still, so still, dass in ihr jedes erzwungene Reden wie eine Ruhestörung erscheinen würde. Sie wacht und schläft, streift mit schweren Wanderschuhen durch die Natur, beachtet deren vielfältige Erscheinungen mit Aufmerksamkeit. Mal sitzt sie in der Hütte, mal davor, dann wieder am Bach. Sie kocht ein­fache Mahlzeiten, die sie wie die gemeinsamen Wanderungen hie und da mit dem Bauern, einem introvertierten Talbewohner, teilt. Nichts Spektakuläres geschieht. Oder doch? Es ist eine der mondhellen Nächte, als sie mit dem Bauern zu einem im Tannendunkel versteckten See wandert und dort von einer unerhörten Begebenheit erfährt.

Eine zunächst ruhig fließende Geschichte, die sich den subtilen Beobachtungen der Protagonistin widmet. Dann ein überraschender Verlauf mit einem unerwarteten Ende. Beeindruckend präzise gearbeitet. Sparsam und zugleich reich. Ein Widerspruch? Durchaus nicht. Die Autorin zeigt uns, wie so etwas geht, und sie demonstriert einmal mehr, was Sprache vermag. Lisa Elsässer, die auch als Lyrikerin reüssierte, handhabt die Sprache wie ein musikalisches Instrument, mit dem sie einen sorgfältig komponierten, suggestiven Erzählstrom erzeugt.



Lisa Elsässer, geboren 1951 im Kanton Uri, schreibt Lyrik und Prosa. Von 2005 bis 2008 studierte sie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Für ihr literarisches Schaffen wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Hauptpreis der Zentralschweizer Literaturförderung 2018. Zuletzt erschien Schneerelief (2019).

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