Leistungsorientierte Vergütung im Gesundheitswesen: P4P bei niedergelassenen Ärzten

In der heutigen Wirtschaftswelt ist es mittlerweile zum Standard geworden, dass die Mitarbeiter in Abhängigkeit des Unternehmenserfolges vergütet werden. Immer mehr Organisationen wenden sich von einer rein festverbindlichen Entlohnung ab und tendieren zu einer Kombination aus einem fixen und variablen Vergütungsanteil. Das Ziel dieser Vergütungsform liegt in den motivationalen Anreizen, die durch den variablen Entlohnungsanteil zum Ausdruck kommen. Dieser monetäre Anreiz hat das Ziel, die Motivation eines Mitarbeiters bei seiner Arbeitsverrichtung zu erhöhen, um den damit korrelierenden Unternehmenserfolg positiv zu beeinflussen. In der... alles anzeigen expand_more

In der heutigen Wirtschaftswelt ist es mittlerweile zum Standard geworden, dass die Mitarbeiter in Abhängigkeit des Unternehmenserfolges vergütet werden. Immer mehr Organisationen wenden sich von einer rein festverbindlichen Entlohnung ab und tendieren zu einer Kombination aus einem fixen und variablen Vergütungsanteil. Das Ziel dieser Vergütungsform liegt in den motivationalen Anreizen, die durch den variablen Entlohnungsanteil zum Ausdruck kommen. Dieser monetäre Anreiz hat das Ziel, die Motivation eines Mitarbeiters bei seiner Arbeitsverrichtung zu erhöhen, um den damit korrelierenden Unternehmenserfolg positiv zu beeinflussen.

In der Gesundheitsökonomie geht es hierbei um die Fragestellung, ob durch ein adäquates System von erfolgsorientierter Vergütung, die Versorgungsqualität verbessert, respektive die Versorgungskosten im Gesundheitswesen reduziert werden können. Gründe solcher Überlegungen sind auch in den stetig steigenden Gesundheitsausgaben sowie im Bedürfnis nach mehr Transparenz in der Versorgung zu finden. Neben den steigenden Gesundheitsausgaben und den damit verbundenen Beitragserhöhungen der Krankenversicherungen, kristallisiert sich sowohl politisch, als auch gesundheitsökonomisch ein Handlungsbedarf heraus, der dazu führt, in die bis dato bestehende Vergütungssystematik des Gesundheitswesens einzugreifen. Mittlerweile hat das Konzept der erfolgsabhängigen Vergütung an Relevanz zugenommen, sodass es in weiten Teilen institutioneller Leistungsfinanzierer wesentlicher Bestandteil der Kostenkompensation ist.

Das vorliegende Buch erläutert die wesentlichen Grundzüge dieser Vergütungssystematik und gibt Einblicke in bereits bestehende Indikatorenprogramme, mit denen die jeweilige Leistung gemessen und anschließend vergütet werden kann. Die Studie fokussiert damit die Methodik und Praxisrelevanz des P4P Konzeptes im Rahmen niedergelassener Leistungserbringer und betrachtet die Wirkungsmechanik dieses Entgeltprinzips kritisch. Neben der Entstehungsgeschichte von P4P werden zudem Spezifika des deutschen Gesundheitssystems, wie gesetzliche Anforderungen, unterschiedliche Vergütungsformen und Implementierungsmodalitäten erläutert, um anschließend den Aufbau des P4P Konzeptes ausführlich zu beschreiben. Das grundlegende Problem bei der performancebasierten Vergütung stellt die objektive Operationalisierung von medizinischen Leistungen dar. Hierfür werden neben allgemeinen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen von Qualitätsindikatoren, die […]



In der heutigen Wirtschaftswelt ist es mittlerweile zum Standard geworden, dass die Mitarbeiter in Abhängigkeit des Unternehmenserfolges vergütet werden. Immer mehr Organisationen wenden sich von einer rein festverbindlichen Entlohnung ab und tendieren zu einer Kombination aus einem fixen und variablen Vergütungsanteil. Das Ziel dieser ...



Textprobe:

Kapitel 3.2, Qualitätsindikatoren nach Avedis Donabedian:

Professor Avedis Donabedian wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Libanon geboren und studierte dort an der American University of Beirut, Medizin. Nach dem 2. Weltkrieg ging er, auf Grund der Unruhen im Mittleren Osten, ins Exil in die Vereinigten Staaten und kam dort erstmalig mit der Thematik der Versorgungsqualität in Kontakt. An der University of Michigan bekam er von Dr. Rosenfeld die Forschungsaufgabe, die bisher veröffentlichten Studien zum Qualitätsbegriff zu untersuchen. Nach einer sechsmonatigen Bearbeitungsphase veröffentlichte Avedis Donabedian 1966 seine Ergebnisse im 'Milbank Memorial Fund Quarterly' und definierte darin den Begriff der Qualitätsmessung als den Übereinstimmungsgrad zwischen Zielen des Gesundheitswesens und der tatsächlich erbrachten Versorgungsleistung. In diesem Modell differenziert Avedis Donabedian die Qualität in drei Dimensionen, um sie dadurch besser darstellen und definieren zu können. Diese Gliederung in Form von

- Strukturqualität

- Prozessqualität und

- Ergebnisqualität

gilt als klassisches Modell der Qualitätsmessung und ist auf Grund seiner guten und logischen Argumentationssystematik allgemein akzeptiert und anerkannt. Diese drei Qualitätsindikatoren sind verlässliche Parameter, mit denen eine Versorgungsleistung gemessen und bewertet werden kann, um sie anschließend entsprechend erfolgsabhängig vergüten zu können. Neben diesen klassischen Indikatoren gibt es zahlreiche Weiterentwicklungen im Bereich der Qualitätsmessung, mit dem Ziel einer objektiven und fairen Operationalisierung der Versorgungsleistung. Ausgewählte Indikatorenprogramme und ihre Anwendung im Bereich der ambulanten Versorgung sind Gegenstand des anschließenden Kapitels. In Deutschland prüft beispielsweise der 'Medizinische Dienst der Krankenversicherung' (MDK) auf Grundlage des Qualitätsmodells nach Avedis Donabedian, jährlich ausgewählte Einrichtungen im Rahmen der Qualitätssicherung. Hierbei legt der MDK seinen Fokus vor allem auf den Indikator der Ergebnisqualität, um Einrichtungen der ambulanten Pflege zu akkreditieren oder zu rezertifizieren. Bevor die Eigenschaften der Ergebnisqualität weiter dargestellt werden können, werden zuvor die beiden anderen Qualitätsmerkmale in ihren Eigenschaten beschrieben.

Strukturqualität:

Die Strukturqualität umfasst die organisatorischen und physischen Voraussetzungen, die vorhanden sein müssen, damit etwas regelgerecht und adäquat bewerkstelligt werden kann. Die Merkmale dieses Indikators umfassen personelle, materielle und systematische Elemente der Gesundheitsversorgung. Dabei werden die Leistungserbringer beispielsweise anhand des Ausbildungsstandes, der zusätzlichen Qualifikationen oder anhand ihrer Ausstattung an medizinischen Gerätschaften bewertet. Finanzielle und infrastrukturelle Ressourcen, wie verwaltungstechnische Betriebsmittel oder die Art der Trägerstruktur werden ebenfalls evaluiert. Hierbei kann ein niedergelassener Arzt eine hohe Bewertung erhalten, wenn er zum Beispiel medizintechnisch auf dem neusten Stand ist oder EDV-spezifische Ressourcen für die elektronische Gesundheitskarte vorhält. Im Rahmen des P4P Ansatzes ist dieser Indikator als 'Pay for Quality' zu verstehen und unterstreicht damit die Prämissen einer optimalen Patientenversorgung. Die Elemente der Strukturqualität sind einfach zu operationalisieren, da sie größtenteils technisch und widerspruchsfrei evaluiert und abgebildet werden können. Da innovative Gerätschaften, hochqualifizierte Leistungserbringer und optimale infrastrukturelle Ressourcen positiv mit dem Behandlungsergebnis korrelieren, ist die Strukturqualität als rahmenspezifischer Grundindikator zu verstehen. Einer Verbesserung dieser medizinischen Voraussetzungen folgt idealerweise eine Verbesserung des Behandlungserfolges, sodass die beiden anderen Qualitätsindikatoren erst im Nachzug eruiert werden können.

Prozessqualität:

Die Prozessqualität ist unter dem Verständnis des P4P Ansatzes als 'Pay for Transparency' zu verstehen und bezieht sich auf die Messung und Bewertung von Abläufen. Dieser Indikator misst alle Behandlungsschritte und Maßnahmen, die im Rahmen einer Patientenversorgung getroffen oder nicht getroffen werden und evaluiert, inwieweit Behandlungen regelgerecht und adäquat durchgeführt werden. Dieser Qualitätsindikator bewertet die einzelnen Prozessschritte und vergleicht diese mit den vorgegebenen Erfolgskriterien (Soll-Ist-Vergleich). Hierfür sind Guidelines beziehungsweise Checklisten notwendig, an denen systematisch der Grad der Zielerreichung gemessen werden kann. Eine hohe Prozessqualität eines Leistungserbringers wird dadurch erreicht, dass die diagnostischen und therapeutischen Behandlungsmaßnahmen, den anerkannten Richtlinien sowie den praktischen Erfahrungen in der medizinischen Versorgung entsprechen. Des Weiteren ist auch der Umfang der wechselseitigen Kooperation und Kommunikation zwischen behandelnden Ärzten und Patienten für die Bestimmung der Prozessqualität entscheidend. Dieser Indikator ist ein notwendiges Mittel bei der Bewertung von Versorgungsleistungen und die damit verbundene zusätzliche Vergütung im Rahmen der Qualitätsverbesserung im Gesundheitswesen. Die Prozessqualität ist als Bindeglied zwischen Struktur- und Ergebnisqualität zu verstehen und kann somit nur in Verbindung mit diesen beiden eine verlässliche und objektiv begründbare Aussage über die Qualität einer medizinischen Behandlung tätigen. Obwohl in der Praxis eine solche Korrelation nicht immer offensichtlich ist, ist davon auszugehen, dass nur unter Beachtung aller Indikatoren eine effektive Evaluierung der Leistungserbringer durchgeführt werden kann.

Ergebnisqualität:

Der Indikator der Ergebnisqualität ist der wichtigste Maßstab zur Beurteilung von Versorgungsleistungen, da er das tatsächlich erreichte Behandlungsziel misst. Hierbei steht der Gesundheitszustand des Patienten im Fokus und es wird evaluiert, inwieweit sich beispielsweise die Lebensqualität oder die Zufriedenheit der Patienten auf Grund der medizinischen Behandlungen verbessert haben. Im Sinne von 'Pay for Outcome', bewertet dieser Qualitätsindikator den finalen Zielerreichungsgrad einer therapeutischen Behandlung und stellt zugleich auch die größte Herausforderung der Operationalisierung der Versorgungsleistung dar. Die Vermeidung von Behandlungsfehlern, erneute Eingriffe oder Komplikationen während der Behandlung sowie die Interaktion zwischen Patient und Leistungserbringer gehen ebenfalls in die Bewertung mit ein und bilden den Outcome ab. Hierbei müssen Messungenauigkeiten auf Grund von Komorbiditäten oder auf Grund des individuellen Patientenverhaltens, welches direkten Einfluss auf die Therapie haben, berücksichtigt werden. Ein Ausschluss solcher Störgrößen kann tendenziell nicht gewährleistet werden. Die verknüpfende Anwendung der einzelnen Indikatoren ermöglicht jedoch eine valide Darstellung des Behandlungsergebnisses. Auf Grundlage dieses klassischen Qualitätsindikatorenmodells nach Avedis Donabedian ist es allgemein möglich, Leistungserbringer performancebasiert zu vergüten. Der Notwendigkeit einer indikations- und sektorenspezifischen Anpassung der Indikatoren wird im Rahmen von individuellen Bewertungsprogrammen Rechnung getragen. Im folgenden Kapitel werden hierzu ausgewählte Programme im deutschen Gesundheitssystem dargestellt und ausführlich erläutert.

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