Verlierer

Gesamtausgabe mit 22 Kurzgeschichten

Hans-Werner Wienand ist auf der Suche nach Abgründigem, Skurrilem und Komischem in der Welt der Segler. Der Publizist, Satiriker und Weltumsegler findet Situationen, die sich zugetragen haben könnten, aber so sicherlich nicht zugetragen haben. Oder doch? Wer weiß das schon so genau? Möglich ist jedenfalls alles im Kosmos der Seglerszene, auf dieser Bühne für Verrückte. Die Geschichten mit dem Titel „Verlierer – Wahre Lügen aus der Seglerwelt“ sind wie ein literarisches Wimmelbild der Seglerwelt. Es ist leicht, die bunte Vielfalt oberflächlich zu genießen und dabei doch in klug verdrängte Tiefen der... alles anzeigen expand_more

Hans-Werner Wienand ist auf der Suche nach Abgründigem, Skurrilem und Komischem in der Welt der Segler. Der Publizist, Satiriker und Weltumsegler findet Situationen, die sich zugetragen haben könnten, aber so sicherlich nicht zugetragen haben. Oder doch? Wer weiß das schon so genau? Möglich ist jedenfalls alles im Kosmos der Seglerszene, auf dieser Bühne für Verrückte.



Die Geschichten mit dem Titel „Verlierer – Wahre Lügen aus der Seglerwelt“ sind wie ein literarisches Wimmelbild der Seglerwelt. Es ist leicht, die bunte Vielfalt oberflächlich zu genießen und dabei doch in klug verdrängte Tiefen der seglerischen Psyche einzutauchen, auch wenn das manchem nicht gefallen kann.



Wo immer sich die Schauplätze auf unserem kleinen gemeinsamen Planeten auch befinden mögen – der Autor hat all diese Orte selbst besucht, hat die Menschen, die Segler dort beobachtet und schenkt authentische, wahre Lügenbilder.





Hans-Werner Wienand ist auf der Suche nach Abgründigem, Skurrilem und Komischem in der Welt der Segler. Der Publizist, Satiriker und Weltumsegler findet Situationen, die sich zugetragen haben könnten, aber so sicherlich nicht zugetragen haben. Oder doch? Wer weiß das schon so genau? Möglich ist jedenfalls alles im Kosmos der Seglerszene, auf ...



Verlierer

Neuanfang

Nennen wir ihn Volker (1)

Opti-Eltern, kauft euch endlich Stöcke

Der große Gonzo

Macho

Begegnung

Segelpiercing

Nennen wir ihn Volker (2)

Thekenmonolog

Paradies

Ree

Robby

Nächstenliebe

Alles in Ordnung, Mausi!

Circo

Nennen wir ihn Volker (3)

Franz Kafka

Ratten an Bord

Geburtstag

Happy Independence

Wüstenregatta

Glossar

196



Sie war der Typ von Frau, die einen Mönch bewegen könnte, den ganzen Tag die Glocken zu läuten, oder den Papst dazu, die Putten von der Säule zu treten. Es gibt solche Frauen in der Fantasie und auf Bildern in Magazinen, wenn die zuständigen Redakteure Fotosoftware wirklich beherrschen. Und mit „wirklich“ meine ich, wenn sie in ihrem Job göttliche Meister sind und nebenher auch noch wissen, worauf es ankommt.



In der Wirklichkeit findet man diese Frauen nicht. Dazu ist die Evolution zu wenig kreativ gewesen. Und zu langweilig.

So war ich bei der Rückkehr auf mein Schiff schon ein wenig erstaunt, als ich die Frau in meiner Kajüte sitzen sah. Sie trug ein T-Shirt, das eigentlich mir gehörte, und eine Jeans, ebenfalls aus meinem Schrank. Sie saß da, vor sich meinen Lieblingskaffeebecher, den mit dem aufgedruckten Schweinemotiv. Der Becher war gefüllt und dampfte.

Und dann diese Stimme:

„Es ist noch Kaffee da“, sagte sie. „Ganz frisch aufgebrüht.“

Ich rede nicht mit Hologrammen. Nicht mehr, seit ich nach Beendigung meiner Drogenexperimente in frühen Jugendzeiten beschlossen habe, mich in meinem Leben mehr auf Handfestes zu verlegen.



Realität kann auch ganz schön aufregend sein, das habe ich als Segler gelernt. Also begann ich wortlos damit, die frisch eingekauften Sachen im Kühlschrank zu verstauen, ignorierte den personifizierten Flashback in meiner Sitzecke hinter mir und nahm mir vor, gelegentlich über persistierende Wahrnehmungsstörungen zu recherchieren. „Nimmst du Milch oder Zucker oder beides?“ Ich knallte die Kühlschranktür zu. Zu heftig.

„Schwarz!“, sagte ich.



Der Arzt meines Vertrauens war 18.000 Seemeilen entfernt. Luftlinie! Es wurde klar, dass ich diese Situation allein bewältigen musste. Ein Kaffee konnte dabei nicht schaden. Ich setzte mich auf die andere Seite des Kajüttisches, nahm den angebotenen Becher, trank einen Schluck. Der Kaffee war gut, war offensichtlich mit genau der richtigen Zeremonie gefiltert, so, wie ich es selber mache.

„In Ordnung“, sagte ich. „Kaffeekochen kannst du also!“



*

Nora wurde wach und wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie sah auf die Kajütuhr. Sie hatte eine halbe Stunde zu lang geschlafen. Eric hatte sie nicht geweckt. Wachwechsel alle drei Stunden, das war ihre Vereinbarung. Sie hörte das Rauschen der außen am Rumpf entlangstreifenden Wellen und die hellen, zwitschernden Signale der begleitenden Delfine. Sie konnte die hochfrequenten Rufe der Tiere in ihrer Koje deutlich hören. Eric nicht. Er machte sich immer über sie lustig, wenn sie davon sprach. Aber sie wusste genau, wann wieder eine Schule die Schwärme kleinerer Fische jagte, die Schutz unter ihrem Schiffskörper gesucht hatten. Sie hörte sie deutlich durch die sechs Millimeter starke Stahlhaut der Framtid. Sechs Millimeter, die sie vom Tod trennten. Sechs Millimeter Schutz vor fünftausend Metern Wasser bis zum Grund. Sechs Millimeter, hinter denen sie sich sicher fühlte. Aber jetzt war sie beunruhigt.



Sie strampelte das dünne Laken zur Seite und ging gebückt nach vorn zum Navitisch. Eric war nicht zu sehen. Wahrscheinlich saß er draußen im Cockpit. Sie fand es nicht fair, dass er sie nicht geweckt hatte. Sie hatten eine klare Abmachung. Sie empfand es als diskriminierend, wenn er so tat, als ob sie geschont werden müsste.



Die Kurslinie auf dem Plotter malte eine saubere, gerade Linie über die elektronische Karte. An dem einen Ende stand Cartagena, Columbia, der Zielpunkt war irgendwo in der Comarça Kuna Yala vor Panama. Der Autopilot arbeitete zuverlässig. Die Geschwindigkeit war gut, die Richtung perfekt. Das Radar war eingeschaltet. Auf dem Bildschirm gab es keine bedenklichen Punkte, keine verwischten Flecken von drohenden Squalls, keine unbekannten Hindernisse, keine anderen Segler, mit denen man kollidieren könnte. Alles war in Ordnung. Eine angenehme, südkaribische Tropennacht.

Sie zog ihre Fleecejacke über und stieg den Niedergang hoch. Sie wusste genau, was sie Eric sagen würde; und sie wusste auch wie. Sie würde nicht mehr freundlich sein. In der letzten Zeit hatte sich eine Menge in ihr angestaut. Einen Teil davon würde sie jetzt abarbeiten.

Das Cockpit war leer.



Sie stolperte die letzte Stufe des Niedergangs hoch, war dann draußen. Die Frontscheiben des Deckshauses waren von nebliger Gischt beschlagen. Aber sie konnte das Vorschiff überblicken. Ein Dreiviertelmond am klaren Nachthimmel schickte ausreichend Licht. Hinter der Backbordsaling stand dicht über dem Horizont das Kreuz des Südens. Von dessen Fuß aus explodierte der Diamantstaubschweif der Milchstraße über den Himmelszenit nach Norden. Zum Heulen schön.



Eric war nicht an Deck.

„Eric…?“ Sie sagte es leise, fragend, vorsichtig; so, als ob sie niemanden stören wollte. Aber dann wollte sie stören. Sie schrie:

„Eric!“

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