Softwarepatente in Deutschland, Europa und den USA: Voraussetzungen, Entwicklungen, Schwierigkeiten

Obwohl es sich bei Software um eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts handelt, die seit Jahrzehnten unser Leben in fast allen Bereichen entscheidend beeinflusst, wird seit jeher über die Patentierbarkeit von Computerprogrammen lebhaft diskutiert. Allein das Fehlen einer allgemeinen, international anerkannten Definition der Begriffe „Software“ bzw. „Computerprogramm“ macht deutlich, warum es keine global geltenden Patentierungsvoraussetzungen für Software gibt. Diese Tatsache macht es für Unternehmen sehr schwer, ihre computerimplementierten Erfindungen umfassend zu schützen, was sich sowohl auf den Wettbewerb als auch auf... alles anzeigen expand_more

Obwohl es sich bei Software um eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts handelt, die seit Jahrzehnten unser Leben in fast allen Bereichen entscheidend beeinflusst, wird seit jeher über die Patentierbarkeit von Computerprogrammen lebhaft diskutiert. Allein das Fehlen einer allgemeinen, international anerkannten Definition der Begriffe „Software“ bzw. „Computerprogramm“ macht deutlich, warum es keine global geltenden Patentierungsvoraussetzungen für Software gibt. Diese Tatsache macht es für Unternehmen sehr schwer, ihre computerimplementierten Erfindungen umfassend zu schützen, was sich sowohl auf den Wettbewerb als auch auf die Wirtschaftlichkeit solcher Innovationen auf diesem Gebiet der Technik negativ auswirkt.

Im Rahmen dieser Studie wird die Problematik von Softwarepatenten anhand der Patentrechte der USA, Deutschlands und der EU erläutert und die Entwicklung der Patentierungsvoraussetzungen für Computerprogramme von den Anfängen dieser Technologie bis in die Gegenwart untersucht. Der Autor widmet dabei jedem Patentrecht ein eigenes Kapitel. Die einzelnen Patentrechte werden mit ihren allgemeinen Patentierungskriterien vorgestellt. Anschließend wird die spezielle Patentierungsproblematik von Software anhand der Entwicklung der Rechtsprechung erörtert und die aktuelle rechtliche Situation zusammenfassend dargestellt.



Obwohl es sich bei Software um eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts handelt, die seit Jahrzehnten unser Leben in fast allen Bereichen entscheidend beeinflusst, wird seit jeher über die Patentierbarkeit von Computerprogrammen lebhaft diskutiert. Allein das Fehlen einer allgemeinen, international anerkannten Definition der Begriffe ...



Textprobe:

Kapitel C.II, Patentschutz für computerimplementierte Erfindungen/Computerprogramme:

Nach § 52 Abs. 2 c) EPÜ sind Computerprogramme als solche vom Patenschutz ausgeschlossen. Wie das deutsche Recht enthält das EPÜ kein generelles Patentierungsverbot von Computerprogrammen. Die Bewertung, wann es sich um ein Computerprogramm als solches handelt und wann nicht, ist aufgrund des nahezu fließenden Übergangs zwischen Hard- und Software schwierig.

1., Technischer Charakter bzw. Technizität:

Das entscheidende Abgrenzungskriterium von Erfindungen gegenüber Nichterfindungen ist der technische Charakter. Die Notwendigkeit der Technizität ergibt aus § 52 Abs. 1 EPÜ. Danach sind nur Erfindungen auf allen Gebieten der Technik patentfähig. D. h. ein Computerprogramm mit technischem Charakter ist dem Patentschutz grundsätzlich zugänglich. Dagegen sind Computerprogramme ohne technischen Charakter Computerprogramme als solche und keine patentfähigen Erfindungen. Umstritten ist allerdings, was der technische Charakter eines Computerprogrammes ist.

2., Entscheidungspraxis:

Bis in die achtziger Jahre hat das EPA die Patentierbarkeit von programmgestützten Erfindungen wegen fehlender Technizität abgelehnt. Erst Ende der achtziger Jahre erfolgte aufgrund der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung der Computer- und Softwareindustrie ein Umdenken. Dabei spielte auch die Rechtslage in den USA eine entscheidende Rolle. Das US-Recht kennt weder einen Ausschluss von Computerprogrammen als solche, noch stellt es besonders hohe Anforderung an die Technizität von Erfindungen.

a), Die Lehre als Ganzes leistet einen erfinderischen Beitrag zum Stand der Technik auf einem vom Patentschutz nicht ausgeschlossenen Gebiet:

Die Patentfähigkeit von Computerprogrammen haben das EPA und die Beschwerdekammern zunächst danach bestimmt, ob das Computerprogramm einen erfinderischen Beitrag zum Stand der Technik auf einem vom Patentschutz nicht ausgeschlossenen Gebiet liefert. Demzufolge war der technische Beitrag die Grundlage für die Prüfung des Erfindungscharakters.

Zur Prüfung des Ausschlusstatbestandes nach Art. 52 Abs. 2 EPÜ wurde damit die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit herangezogen. Dieser Mangel wird in der späteren Praxis vermieden. Nach der genügt es, wenn die im Patent beanspruchte Lehre, als Ganzes betrachtet, einen technischen Beitrag zum Stand der Technik leistet.

„Computerbezogene Erfindung/VICOM“ und „Röntgeneinrichtung/KOCH & STERZEL“

Aus diesen beiden ersten Grundsatzentscheidungen zur Patentfähigkeit von programmbezogenen Erfindungen ergaben sich die wesentlichen Kriterien für die Patentierbarkeit von Computerprogrammen. In der „VICOM“ Entscheidung ging es um ein Verfahren zur digitalen Verarbeitung von Bildern. Dabei wurden ein zweidimensionales Datenfeld mit in Zeilen und Spalten angeordneten Elementen und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens verwendet. Der erfinderische Gedanke konnte mathematisch beschrieben werden und beruhte auf einer mathematischen Methode. Diese konnte mit Hilfe eines Computers durchgeführt werden. Sowohl die mathematische Methode als auch die Verwendung des Computers fallen unter den Ausschluss von Art. 52 Abs. 2 c) EPÜ. Allerdings hat das Bildverarbeitungsverfahren technischen Charakter, weil die elektrischen Signale für die Daten physikalische Erscheinungen erzeugen, nämlich Pixel eines Bildes.

Die Beschwerdekammer war der Auffassung, „dass ein Anspruch, der auf ein technisches Verfahren gerichtet ist, bei dem eine mathematische Methode verwendet wird, auch dann nicht Schutz für die mathematische Methode als solches anstrebt, wenn die der Erfindung zugrundeliegende Idee möglicherweise in der mathematischen Methode liegt.“ Weiter stellte die Beschwerdekammer fest, dass ein Anspruch auf einen an sich bekannten Computer zulässig und schutzfähig ist. Dies gilt jedoch nur, wenn der Computer so vorbereitet ist, dass er ein neues technisches Verfahren nach einem bestimmten Programm steuert oder durchführt.

Die Entscheidung „Röntgeneinrichtung“ bestätigte diese Rechtsprechung und erweiterte sie zugleich. Bei einer Röntgeneinrichtung wurden mittels eines Programms die Röhren so gesteuert, dass sich gemäß einer Parameterprioritätsbeziehung eine optimale Belichtung bei hinreichender Sicherheit vor Überlastung der Röhren ergibt. Die technische Aufgabe bestand in der Verlängerung der Lebenszeit der Röntgenröhren. Wie auch in der „VICOM“-Entscheidung richtete sich der Gegenstand des Anspruchs nicht auf ein Computerprogramm als solches, sondern auf die technische Wirkung, die das Computerprogramm im Röntgenapparat ausübt. Weiter stellte die Beschwerdekammer fest, dass bei der Beurteilung, ob ein Computerprogramm als solches vorliegt, keine Gewichtung der technischen und nichttechnischen Merkmale der Erfindung erfolgen darf. Die Erfindung ist in ihrer Gesamtheit zu betrachten, wobei es, um die Patentfähigkeit zu begründen, genügt, dass sich die Erfindung technischer Mittel bedient.

b), Erweiterung des Technizitätsbegriffes:

Weiter erleichtert wurde die Patentierbarkeit von Computerprogrammen durch die Möglichkeit, den technischen Charakter davon abzuleiten, dass Computerprogramm nutzende Problemlösungen durch technische Überlegungen realisiert werden. Ein anderer Weg, den Patentierungsausschluss aus Art. 52 Abs. 2,3 EPÜ zu überwinden, war, den beanspruchten Gegenstand schon deswegen als technisch gelten zu lassen, weil er sich als Vorrichtung darstellt.

aa), Technische Überlegung:

„Universelles Verwaltungsprogramm/SOHEI“

Eine wichtige Fortbildung der Rechtsprechung brachte die „SOHEI“-Entscheidung. In dieser Entscheidung ging es um die Patentfähigkeit eines Computersystems zur Wahrnehmung mehrerer Arten voneinander unabhängiger Verwaltungsaufgaben und das entsprechende Verfahren. Die Beschwerdekammer bejahte die Patentfähigkeit mit der Begründung, dass eine Erfindung, die durch Computerprogramme realisierte funktionelle Merkmale umfasst, nicht unter das Patentierungsverbot gemäß Artikel 52 (2) c) und (3) EPÜ fällt, wenn die erfindungsgemäße Lösung der Aufgabe in ihren Einzelheiten technische Überlegungen erforderlich macht, damit die Erfindung ausgeführt werden kann. Allein die Tatsache, dass solche technischen Überlegungen notwendig seien, lege den Schluss nahe, dass eine (mindestens implizite) technische Aufgabe mittels (mindestens impliziter) technischer Mittel zu lösen sei.

bb), Vorrichtungen:

„Warteschlangensystem/PETTERSON“

Gegenstand der „Warteschlangen“-Entscheidung war ein System zur Bestimmung der Reihenfolge für die Bedienung von Kunden an mehreren Bedienungsstellen. Dieses System bestand aus einer Reihe durch ihre Funktionen definierter Komponenten (Informationseinheit, Wähleinheit etc.). Mit Hilfe eines Computers konnte das System entscheiden, welcher Kunde an einem aktuell freien Servicepunkt zu bedienen ist. Die Beschwerdekammer stellte fest, dass dieses System einen aus verschiedenen Bauteilen bestehenden technischen Gegenstand definiert, der eindeutig zur Kategorie der Vorrichtungen gehöre. Die Betätigung der Wähleinheit durch einen Kunden und die Bedienung eines Terminals durch Personal seinen nach Ansicht der Beschwerdekammer als manuelle Eingabe von Steuerungsdaten in ein technisches System zu werten.



Benjamin Strom studierte an der Fachhochschule Bielefeld und schloss den Studiengang Wirtschaftsrecht mit dem Bachelor of Laws ab. Momentan absolviert der Wirtschaftsjurist den Masterstudiengang „Accounting Taxation and Finance“ an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

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