Die Heimkehr des Ludwig Barbareck

Was bleibt, wenn man alles verloren hat – und wo beginnt ein neues Leben? Ludwig Barbareck kehrt aus Krieg und Gefangenschaft zurück in eine Welt, die es nicht mehr gibt: Der Hof in Ostpreußen ist niedergebrannt, der älteste Sohn gefallen, die Familie verschollen. Inmitten zerbombter Städte, Notquartiere und schwerer Waldarbeit trifft er auf Wölfel, einen wortkargen Arbeiter, der trotz allem nicht aufgegeben hat. Zwischen Misstrauen, Müdigkeit und Hoffnung wächst eine stille Freundschaft – und eine Erkenntnis: Menschlichkeit und Zukunft beginnen dort, wo jemand bereit ist, wieder Wurzeln zu schlagen. Adam Scharrers einfühlsame... alles anzeigen expand_more

Was bleibt, wenn man alles verloren hat – und wo beginnt ein neues Leben?

Ludwig Barbareck kehrt aus Krieg und Gefangenschaft zurück in eine Welt, die es nicht mehr gibt: Der Hof in Ostpreußen ist niedergebrannt, der älteste Sohn gefallen, die Familie verschollen. Inmitten zerbombter Städte, Notquartiere und schwerer Waldarbeit trifft er auf Wölfel, einen wortkargen Arbeiter, der trotz allem nicht aufgegeben hat. Zwischen Misstrauen, Müdigkeit und Hoffnung wächst eine stille Freundschaft – und eine Erkenntnis: Menschlichkeit und Zukunft beginnen dort, wo jemand bereit ist, wieder Wurzeln zu schlagen.

Adam Scharrers einfühlsame Erzählung erzählt von Verlust, Überleben und dem langsamen Erwachen eines Mannes, der beinahe schon aufgegeben hatte – und doch noch einmal ins Leben zurückfindet.



Dem Hof nachzutrauern hatte also wohl keinen Zweck mehr, Barbareck kam jedoch nicht davon los. Er war nun einem Holzfällerkommando zugeteilt, und er schlief mit einem Trupp anderer Heimkehrer in einer nicht mehr verwendbaren Garage, die diese Heimkehrer sich notdürftig zum Quartier ausgebaut hatten, und es war ein gewaltiger Sturz von dem „Es war einmal“ bis zu diesem Holzfällerquartier. Dort hatte jeder seinen Schlafplatz und über der Lagerstatt einige Nägel zum Aufhängen seiner Sachen. In der Mitte stand ein Tisch. Als Sitzgelegenheit dienten einige roh zusammengezimmerte Schemel. Ein Kochherd hatte eigentlich den Ausschlag dafür gegeben, sich dieser Ruine von ehemaliger Garage zu bemächtigen. Man konnte also kochen, und ein paar Kartoffeln oder Kohl außer den regulären Rationen konnten dort zusätzlich aufgetrieben werden, und der Kampf um diese zusätzliche Suppe war neben der Arbeit eine der wichtigsten Fragen.

Die Arbeit war schwer, und Barbareck war ziemlich von Kräften gewesen, und dass er hier in dieser Garage gelandet war, die, gemessen an den städtischen Massenquartieren der Umsiedler, einige Vorteile bot, hatte er einem Kameraden zu verdanken, den er auch ganz zufällig kennengelernt hatte. Dieser Mann hieß Wölfel, und seine Familie, Frau und zwei Kinder, waren in Köln durch einen Bombenangriff ums Leben gekommen. Er war ein noch recht kräftiger Mann; irgendwo hatte er eine eigene Säge, ein Beil und eine Dreikantfeile zum Schärfen der Säge und auch sonstiges Werkzeug ergattert; und eigentlich war er auch derjenige gewesen, dem die anderen Garagenbewohner das Wohnrecht in dieser Garage zu verdanken hatten. Barbareck wurde nicht recht klug aus diesem Mann. Warum er lieber mit ihm, Barbareck, zusammenarbeitete, leuchtete ihm ein. Die beiden waren mit dieser Arbeit vertraut. Mit jemand Holz zu sägen, der das nicht oder mangelhaft versteht, ist eine Qual. Die zweite Eigenschaft, in der sie übereinstimmten, war ihre Wortkargheit. Sie hatten sich beide ihr Schicksal berichtet, und mehr war nun nicht mehr dazu zu sagen, es sei denn, dass Barbareck die Suchanzeigen durchstudierte und die Zeitung und auch sonst nach seiner Familie herumhorchte. Er war bereits von einem ihm selbst ganz fremd anmutenden Fatalismus befallen, aber auch von einer Art hartnäckiger Neugierde. „Einmal werde ich es ja erfahren, was aus ihnen geworden ist“, sagte er. „Nun ja, und dann, mal sehn, was ich mit mir selbst mache.“ Es war dies so eine Art Drohung, und Barbareck wusste selbst nicht, gegen wen sich diese Drohung eigentlich richten sollte. Genaugenommen zweifelte er selbst, dass er auch im schlimmsten Fall Schlussfolgerungen aus dieser Drohung ziehen würde.



Adam Scharrer wurde am 13. Juli 1889 in Kleinschwarzenlohe (heute Gemeinde Wendelstein, Mittelfranken) geboren. Bereits in frühen Jahren prägte ihn das harte Leben der Arbeiterklasse. Nach einer Schlosserlehre führte ihn seine Arbeitssuche durch zahlreiche deutsche Städte sowie nach Österreich, die Schweiz und Italien. Während des Ersten Weltkriegs wurde er als Artillerist an die Ostfront eingezogen. Seine Erfahrungen als Soldat und seine Enttäuschung über die sozialdemokratische Zustimmung zu den Kriegskrediten radikalisierten seine politische Haltung. Er trat dem Spartakusbund bei und engagierte sich später in der linksradikalen KAPD (Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands).

Scharrer begann in den 1920er-Jahren mit dem Schreiben. Seine erste Erzählung „Weintrauben“ (1925) wurde anonym veröffentlicht und brachte ihm eine Anklage wegen „literarischen Hochverrats“ ein. Seine Werke sind stark autobiografisch geprägt und erzählen aus der Perspektive der unteren Gesellschaftsschichten. 1930 erschien sein wohl bekanntestes Werk „Vaterlandslose Gesellen“, eine proletarische Antwort auf Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“. Der Roman ist eine schonungslose Abrechnung mit dem wilhelminischen Militarismus und dem Ersten Weltkrieg.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 musste Scharrer untertauchen und floh zunächst in die Tschechoslowakei, dann in die Sowjetunion. Dort lebte er in einer Autorenkolonie und schrieb weiter über die Nöte der Arbeiter und Bauern. Während seines Exils entstanden unter anderem „Maulwürfe“ (1934), „Pennbrüder, Rebellen, Marodeure“ (1937) und „Der Krummhofbauer und andere Dorfgeschichten“ (1939).

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Scharrer 1945 nach Deutschland zurück und ließ sich in Schwerin nieder. Er arbeitete als Redakteur der „Schweriner Landeszeitung“ und wurde Leiter der Literatursektion im Kulturbund. Trotz seiner politischen Nähe zur Arbeiterbewegung trat er keiner Partei bei.

Adam Scharrer starb am 2. März 1948 in Schwerin an den Folgen eines Herzanfalls, der durch eine hitzige Debatte über den Umgang mit der NS-Vergangenheit ausgelöst wurde. Er hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das in der DDR große Verbreitung fand und als wichtiger Beitrag zur proletarischen Literatur gilt.

Seine Bücher, darunter „Vaterlandslose Gesellen“, „Der große Betrug“ und „In jungen Jahren“, geben bis heute Einblicke in das Leben und die Kämpfe der Arbeiterklasse und bleiben ein wichtiges Zeugnis der deutschen Literaturgeschichte.

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