Der Weihnachtshase im Pfeffer

Ersatz für eine Weihnachtsgeschichte

Eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art – ehrlich, rau, menschlich. Adam Scharrer erzählt keine märchenhafte Festgeschichte mit Lametta und Glockengeläut. Stattdessen nimmt er uns mit auf eine biografisch geprägte Reise durch Elend, Überlebenswille und Menschlichkeit – vom hungernden Handwerksburschen am Heiligabend bis zum Flüchtling im fernen Usbekistan. Mit scharfem Blick und schwarzem Humor entlarvt er falsche Wohltätigkeit, hinterfragt bürgerliche Moral und zeigt: Auch im tiefsten Pfeffer der Geschichte kann etwas Hoffnung wachsen – nicht durch Flitter, sondern durch echte Begegnungen. Ein Text voll Trotz,... alles anzeigen expand_more

Eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art – ehrlich, rau, menschlich.

Adam Scharrer erzählt keine märchenhafte Festgeschichte mit Lametta und Glockengeläut. Stattdessen nimmt er uns mit auf eine biografisch geprägte Reise durch Elend, Überlebenswille und Menschlichkeit – vom hungernden Handwerksburschen am Heiligabend bis zum Flüchtling im fernen Usbekistan. Mit scharfem Blick und schwarzem Humor entlarvt er falsche Wohltätigkeit, hinterfragt bürgerliche Moral und zeigt: Auch im tiefsten Pfeffer der Geschichte kann etwas Hoffnung wachsen – nicht durch Flitter, sondern durch echte Begegnungen.

Ein Text voll Trotz, Mitgefühl und unbequemer Wahrheiten – eine literarische Weihnachtsgabe, die hängen bleibt.



Glaubt mir, Freunde, ich weiß sehr wohl, dass mancher von euch die Nase rümpft über soviel moralische Verkommenheit, ich jedoch möchte dieses Erlebnis nicht aus meinen Weihnachtserinnerungen streichen, und ich will euch sagen, warum. Eine Stunde vor diesem Sündenfall noch hatte ich diese Welt mitsamt ihrer gnadenbringenden Weihnachtszeit zähneklappernd verflucht. Über ein halbes Jahr war ich bereits auf der Suche nach Arbeit und den dadurch gesicherten warmen Platz, den man doch jedem Hund gönnt. In meiner Verzweiflung hatte ich bereits beschlossen, mich von meinem armseligen Leben loszusagen, und hätte es sicher auch getan, wenn dies so einfach gewesen wäre wie der Beschluss. Die praktische Seite stellt sich jedoch als ekelhafte und umständliche Geschichte dar, ganz gleich, ob man mit dem Erhängen beginnen will oder mit Ersaufen, und deswegen hatte ich beschlossen, es dem Frost zu überlassen, mich ins Jenseits zu befördern, und zu diesem Zweck hatte ich mich in einer Feldscheune gewissermaßen zur ewigen Ruhe niedergelegt. Der Frost hatte mich jedoch so unbarmherzig gepeinigt, dass ich nicht zum Sterben gekommen und wieder aufgesprungen war, und nun war ich ausgesöhnt, und wer von euch nun, liebe Freunde, immer noch die Nase über meine Niedertracht rümpft, den kann ich mit der Fortsetzung dieser Geschichte vielleicht beruhigen.

Man hatte an diesem Heiligen Abend auch uns Asylisten nicht vergessen. Einige Äpfel und versilberte Nüsse bekamen wir, und jeder drei große Bücklinge. Sie sahen nicht sehr frisch aus und rochen auch nicht sehr frisch, aber auch ich hätte sie mir vielleicht einverleibt, wenn ich nicht vorsichtshalber etwas mehr Wäsche von der Leine genommen hätte, als ich selbst benötigte. Dann wäre mir womöglich auch diese Weihnachtsgeschichte erspart geblieben, denn drei Asylisten starben während der Feiertage an Vergiftung. Der Inhaber des Räucherwarengeschäftes, der sich zu dieser hochherzigen Spende entschlossen, hatte sie nicht mehr verkaufen können, die faulen Fische, wollte sie aber auch nicht wegwerfen, wollte daher den Ärmsten der Armen zum Fest der Liebe ein wenig Freude bereiten.



Adam Scharrer wurde am 13. Juli 1889 in Kleinschwarzenlohe (heute Gemeinde Wendelstein, Mittelfranken) geboren. Bereits in frühen Jahren prägte ihn das harte Leben der Arbeiterklasse. Nach einer Schlosserlehre führte ihn seine Arbeitssuche durch zahlreiche deutsche Städte sowie nach Österreich, die Schweiz und Italien. Während des Ersten Weltkriegs wurde er als Artillerist an die Ostfront eingezogen. Seine Erfahrungen als Soldat und seine Enttäuschung über die sozialdemokratische Zustimmung zu den Kriegskrediten radikalisierten seine politische Haltung. Er trat dem Spartakusbund bei und engagierte sich später in der linksradikalen KAPD (Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands).

Scharrer begann in den 1920er-Jahren mit dem Schreiben. Seine erste Erzählung „Weintrauben“ (1925) wurde anonym veröffentlicht und brachte ihm eine Anklage wegen „literarischen Hochverrats“ ein. Seine Werke sind stark autobiografisch geprägt und erzählen aus der Perspektive der unteren Gesellschaftsschichten. 1930 erschien sein wohl bekanntestes Werk „Vaterlandslose Gesellen“, eine proletarische Antwort auf Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“. Der Roman ist eine schonungslose Abrechnung mit dem wilhelminischen Militarismus und dem Ersten Weltkrieg.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 musste Scharrer untertauchen und floh zunächst in die Tschechoslowakei, dann in die Sowjetunion. Dort lebte er in einer Autorenkolonie und schrieb weiter über die Nöte der Arbeiter und Bauern. Während seines Exils entstanden unter anderem „Maulwürfe“ (1934), „Pennbrüder, Rebellen, Marodeure“ (1937) und „Der Krummhofbauer und andere Dorfgeschichten“ (1939).

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Scharrer 1945 nach Deutschland zurück und ließ sich in Schwerin nieder. Er arbeitete als Redakteur der „Schweriner Landeszeitung“ und wurde Leiter der Literatursektion im Kulturbund. Trotz seiner politischen Nähe zur Arbeiterbewegung trat er keiner Partei bei.

Adam Scharrer starb am 2. März 1948 in Schwerin an den Folgen eines Herzanfalls, der durch eine hitzige Debatte über den Umgang mit der NS-Vergangenheit ausgelöst wurde. Er hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das in der DDR große Verbreitung fand und als wichtiger Beitrag zur proletarischen Literatur gilt.

Seine Bücher, darunter „Vaterlandslose Gesellen“, „Der große Betrug“ und „In jungen Jahren“, geben bis heute Einblicke in das Leben und die Kämpfe der Arbeiterklasse und bleiben ein wichtiges Zeugnis der deutschen Literaturgeschichte.

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